Der Botschafter des Staates Israel in Deutschland sieht es als vorrangige Aufgabe seines Landes, im Nahostkonflikt die Mauer des Hasses zu durchbrechen

Kürzlich haben wir den 62. Unabhängigkeitstag des Staates Israel gefeiert. 2010 fiel er auf den 20. April, bekanntlich der Tag, an dem Adolf Hitler geboren wurde. Dass die offizielle Feier der Botschaft des Staates Israel in Berlin stattfand, ist ein Symbol für den Sieg der Freiheit - für den Sieg des Guten über das Böse, des Lebens über den Tod, der Demokratie über die Diktatur.

Hitler hatte es sich zum Ziel gesetzt, das Judentum - das jüdische Volk und die jüdische Kultur - zu vernichten. Er hat sein Ziel nicht erreicht. In Israel und in der Welt erneuert sich das Judentum, erblüht die jüdische Kultur, auch in Deutschland. Noch vor einigen Jahrzehnten wäre der Stand, den die Beziehungen zwischen Israel und Deutschland heute erreicht haben, unvorstellbar gewesen. Deutschland hat sich vom Land der Nazidiktatur und des Massenmords zum sogenannten "anderen" Deutschland entwickelt. Unsere beiden Länder zählen zur westlichen Welt und teilen die Werte und Ideale: Demokratie, Freiheit, Frieden.

Der Unabhängigkeitstag lässt uns auch fragen: Wo steht Israel heute? Von einem Land, in dem bei der Staatsgründung rund 600 000 Menschen lebten, haben wir uns zu einem Staat mit über sieben Millionen Einwohnern entwickelt. Israel hat proportional mehr Einwanderer aufgenommen als jedes andere Land. Ein Volk, dessen Rückgrat in der Schoah fast gänzlich zerschmettert wurde, hat eine florierende Gesellschaft mit hoher Bildung, vielfältiger Kultur sowie fortschrittlicher Wissenschaft und Forschung hervorgebracht.

Israel, das in den 50er-Jahren mit wirtschaftlichen Engpässen und Lebensmittelknappheit fertig werden musste, ist eine erfolgreiche Wirtschaftsnation geworden und exportiert neueste Technologien um den Erdball. All diese Erfolge wurden trotz der schwierigen Sicherheitslage des Staates Israel erzielt, der seine Bürger seit seiner Gründung vor 62 Jahren gegen Angriffe verteidigen muss.

Man kann verschiedener Meinung sein über Schritte, die Israel unternommen hat. Tatsache ist jedoch, dass unser Staat von einem Meer des Hasses und der Feindschaft umgeben war und leider ist. Diese Mauer des Hasses zu durchbrechen ist unsere Aufgabe und Verpflichtung. Friedensverträge mit Ägypten und Jordanien haben wir geschlossen, wir werden weiter an einer Übereinkunft mit den Palästinensern und den Nachbarstaaten arbeiten. Hinsichtlich der Verhandlungen mit den Palästinensern müssen neben Themen wie Grenzen, Jerusalem und Flüchtlinge drei zentrale Punkte geklärt werden: Ist Israel bereit, die Zwei-Staaten-Lösung zu akzeptieren, zu implementieren und ihr entsprechend zu handeln? Als jemand, der sich seit den Verträgen von Oslo intensiv mit den Friedensverhandlungen beschäftigt, sage ich voller Überzeugung: Ja, Israel hat dies akzeptiert. Ministerpräsident Netanjahu hat sich im Juni 2009 in der Bar-Ilan-Universität eindeutig geäußert. Was die beiden anderen Punkte angeht, bin ich weniger optimistisch.

Sind die Palästinenser und die arabische Welt bereit, den Konflikt endgültig zu beenden? Anders gefragt: Wenn wir in Verhandlungen zu einer Übereinkunft gelangen sollten, würden die Palästinenser und die arabischen Staaten anschließend tatsächlich keinerlei weitere Forderungen an Israel stellen? Ich bin sicher: Wenn es auf palästinensischer und arabischer Seite eine solche klare und öffentlich bekundete Bereitschaft gäbe, könnten wir einen echten Frieden mit allen Nachbarn erreichen. Das dritte Thema ist die Gefahr, die vom Iran ausgeht. Die Menschen haben zum Nahostkonflikt verschiedene Ansichten. Das ist legitim. Es hilft jedoch nicht, die Augen vor der Realität zu verschließen. Wir erleben eine zunehmende Radikalisierung mit besorgniserregendsten Auswüchsen im Iran. Israel, die moderaten arabischen Staaten und der größte Teil der Weltgemeinschaft sind besorgt über das Bestreben des Iran, eine Atombombe zu besitzen. Klar ist: Ein atomar bewaffneter Iran würde es nicht zulassen, dass die ersten beiden genannten Punkte erreicht werden.

Der Iran unternimmt alles, um friedliche Lösungen zu torpedieren, indem er Terrororganisationen wie Hamas und Hisbollah unterstützt. Wenn Ahmadinedschad sagt, Israel müsse von der Landkarte verschwinden, meint er, was er sagt, und sagt, was er meint. Die Frage ist, wie wir damit umgehen.

Trotz allem bin ich aber überzeugt, dass die meisten Menschen im Nahen Osten der Wunsch eint, in Frieden zu leben. Sicherlich - der Prozess ist schwierig. Doch er ist nicht unmöglich!