Hamburg. Es ist 14.05 Uhr. Eine 81 Jahre alte Frau wartet auf den Bus. Plötzlich taucht ein 22 Jahre alter Mann mit einem Messer an der Bushaltestelle Rugenbarg auf, sticht auf die alte Frau ein und verletzt sie schwer. Das Opfer wird ins Krankenhaus eingeliefert. Lebensgefahr besteht nicht.
Lurup unter Schock. Schon kurz nach der Messerattacke auf der Luruper Hauptstraße stellte die Polizei den mutmaßlichen Täter. Eine islamistisch motivierte Tat wie Ende Juli in Barmbek-Nord, als ein 26-Jähriger einen Mann erstach und sieben weitere Menschen teilweise lebensgefährlich verletzte, sieht die Polizei nicht. Allerdings gilt der mutmaßliche Messerstecher von Lurup ebenso wie der Täter von Barmbek als psychisch gestört.
Augenzeuge wollte eingreifen
Gestern hatte die alte Dame an einer Bushaltestelle in der Nähe einer Altenwohnanlage auf der Bank gesessen, als der 22-Jährige plötzlich vor ihr stand. Ein Autofahrer wurde vor der heruntergekommenen Ladenzeile, in der viele Geschäfte leer stehen, darauf aufmerksam. Der Augenzeuge dachte zunächst, dass die Frau geschlagen werde. Er stoppte sein Auto, stieg aus und wollte eingreifen. Dann sah er, dass der 22-Jährige ein Messer in der Hand hatte. Der Täter bedrohte auch den Autofahrer.
Dann drehte der Tatverdächtige sich um und flüchtete zu Fuß stadteinwärts. Der Zeuge rief Polizei und Feuerwehr und kümmerte sich um die alte Frau. Kurz darauf waren erste Streifenwagenbesatzungen und ein Rettungswagen vor Ort.
Während die Polizisten sich eine Beschreibung des Täters geben ließen, versorgten die Feuerwehrleute die Verletzte. Die 81-Jährige trug zwei Messerstiche im Rücken und eine Schnittverletzung am Arm davon.
Täter in Zusammenhang mit Drogen aufgefallen
Die gute Täterbeschreibung des Zeugen machte die schnelle Festnahme möglich. Dabei stellten die Beamten auch ein Messer sicher. Es ist nach bisherigen Erkenntnissen der Polizei die Tatwaffe. Bei dem Festgenommenen handelt es sich um Bastian S., einen wohnungslosen Mann, der aus dem Ruhrgebiet stammt. Der Polizei ist er bislang nur im Zusammenhang mit Drogen aufgefallen – als Konsument.
Was ihn zu der Tat getrieben hat, ist völlig unklar. „Er scheint aber psychisch krank zu sein“, sagt ein Beamter. „Er zeigte ein sehr auffälliges Verhalten.“ Ein Amtsarzt sollte den Mann begutachten. Dann wird auch entschieden, ob eine gerichtliche Unterbringung in einer Psychiatrie beantragt wird.
Aus polizeilicher Sicht handelt es sich bei der Tat um eine gefährliche Körperverletzung, eine Tat, für die das Gesetz eine Strafe von sechs Monaten bis zehn Jahren Haft vorsieht. Sollte der 22-Jährige nicht als psychisch krank eingestuft werden, wird er sich deswegen vor Gericht verantworten müssen.
„Die Ermittlungen stehen noch ganz am Anfang“, sagte ein Beamter am Dienstagabend. Bisher sei weder ein Motiv noch irgendeine Beziehung zwischen dem Opfer und dem Festgenommenen erkennbar. „Man muss davon ausgehen, dass die Frau zufällig Opfer wurde“, so der Polizist.
Keine Hinweise auf islamistische Motivation
Die Messer-Attacke erinnert viele an eine islamistisch motivierte Tat. Gerade die Terrorgruppe IS versucht, labile Persönlichkeiten wie Ahmad A. zu Terroranschlägen mit einfachen Mitteln zu motivieren. Der hatte in dem Edeka-Markt an der Fühlsbüttler Straße am 28. Juli ein Messer aus einer Verpackung gerissen und war damit sofort auf umstehende Kunden losgegangen.
Später griff Ahmad A. auch auf der Straße Menschen an. Dabei rief der bereits von den Sicherheitsbehörden als Islamist eingestufte Mann immer wieder „Allahu Akbar“. Mehrere Passanten hatten ihn noch auf der Straße gestellt, in Schach gehalten und schließlich überwältigt und der Polizei übergeben. Auch in diesem Fall hatte sich die Tat völlig unvorhersehbar und, wie Ermittlungen ergaben, offenbar spontan ereignet. Auch dort waren die Opfer willkürlich angegriffen worden.
Dass jetzt in Hamburg erneut ein Anschlag mit islamistischer Motivation passiert sei, sieht Polizeisprecher Timo Zill nicht: „Darauf haben wir bislang keinerlei Hinweise. Weder durch Äußerungen während der Tat oder danach noch durch die bisherigen Erkenntnisse über den Tatverdächtigen.“
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