Altona. Höhepunkt der Auseinandersetzung war eine Besetzung durch Autonome, bei der etliche Polizeibeamte verletzt worden waren. Seitdem ist es etwas stiller geworden um die beiden Gründerzeithäuser in der Breiten Straße in Altona. Am Dienstag nun begannen dort die Vorbereitungen für den offensichtlich endgültigen Abriss, um den so lange debattiert und gestritten wurde. Wie das Abendblatt vor Ort erfuhr, soll in etwa zwei Wochen der Abrissbagger das Gelände freimachen. Ab sofort ist die Straße für Vorbereitungsarbeiten bereits halbseitig gesperrt – eine zusätzliche Staufalle in Altona.
Polizei sieht Abriss gelassen entgegen
Die Polizei sieht dem angekündigten Abriss diesmal aber gelassen entgegen. „Bislang gibt es bei der Fachdienststelle, dem LKA 7, keine Erkenntnisse darüber, dass es deshalb ein Problem mit der Szene geben wird“, sagt Hauptkommissarin Karina Sadowsky. Dabei hatten die Häuser so etwas wie Hausbesetzergeschichte geschrieben. Im August 2014 war das Gebäude im Rahmen der „Squatting Days“ besetzt worden.
Zur Räumung anrückende Polizisten wurden unter anderem mit Heizkörpern und Feuerlöschern beworfen. Sechs Hausbesetzer im Alter von 18 bis 31 Jahren aus der linksautonomen Szene konnten identifiziert werden. Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen teilweise versuchten Totschlag und Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion vor. Ein erster Prozess, dessen Auftakt von Tumulten begleitet war, platzte wegen Formfehlern. Ein zweiter Prozess läuft.
Und noch immer ist der Abriss bei Initiativen höchst umstritten. Die seit Jahren leer stehenden Gebäude seien bewusst „entmietet“ worden, so der Vorwurf. Auch der Altonaer Linken-Politiker Robert Jarowoy spricht von einem „Skandal, dass diese wunderschönen Häuser nun verschwinden“.
“Da war nichts mehr zu retten“
Doch das sehen andere Bezirkspolitiker wie die Grünen-Fraktionschefin Gesche Boehlich oder CDU-Bauexperte Sven Hielscher anders: Es habe mehrere Gutachten gegeben. Schwamm stecke in den Holzbalken, die Decken seien zu niedrig, und überhaupt: „Wir haben alles auf Herz und Nieren geprüft – da war nichts mehr zu retten“, sagt Boehlich. Den Todesstoß hat allerdings wohl das Hamburger Denkmalschutzamt selbst dem Gebäude-Ensemble gegeben.
So soll es etliche Vorstöße des früheren Besitzers und des Architekten geben haben, für das Haus einen Denkmalschutz zu erhalten – mit entsprechenden Förderungen wäre eine Sanierung dann wirtschaftlicher gewesen. Auch einen Teilerhalt prüften die Planer, die für ihren Job aus der Autonomenszene heftig angegriffen wurden und sogar einen Farbanschlag auf ihr Büro ertragen mussten. Denkmalschutz gab es aber nicht. Begründung: Die Nachkriegsarchitektur sei in der Straße „stilbildend“.
Inzwischen ist das Gebäude wieder weiterverkauft und soll jetzt einem Neubau mit roter Ziegelfassade weichen. 28 Wohnungen sind darin geplant, ein Drittel muss wie bei Sozialwohnungen mit einer unterdurchschnittliche Miete an den Markt gehen. Die Abriss-Genehmigung hatte der Bezirk mit breiter Zustimmung der Politik bereits vor einem Jahr erteilt. Die Baugenehmigung für den Neubau folgte dann im August vergangenen Jahres. Hielscher: „Wir haben uns schon gewundert, warum nicht gleich abgerissen wurde – angesichts dieser Vorgeschichte.“
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