Der Alumni-Chor ehemaliger Schüler des Christianeums reiste nach China, um den kulturellen Austausch zu stärken. Präsentiert wurden das Brahms-Requiem und ein Chorprogramm mit dem Schwerpunkt „Deutsche Romantik“.

Peking/Othmarschen. Chinesen und Touristen machten gleichermaßen Ohren. Auf der Großen Mauer bauten sich 85 Hamburger auf und gaben spontan und gut gelaunt Beethovens „Ode an die Freude“ zum Besten. Vierstimmig, in beiden Sprachen. Von einem Turm aus erklangen anschließend vier Hörner. Das hatte man in Peking so noch nicht gehört.

Auch andernorts ernteten die Sänger und Musiker aus der Hansestadt viel Applaus. Der Alumni-Chor ehemaliger Schüler des Christianeums und ein für die Reise zusammengestelltes Projektorchester betätigten sich während einer elftägigen Fernostreise als Botschafter Hamburgs – mit Noten. Fünf Auftritte in Peking und Shanghai, unter anderem in der Chaoyang-Kirche, in der Zentralen Musikhochschule, im NCPA-Konzerthaus und an den Universitäten beider Städte, waren gut besucht.

Präsentiert wurden das Brahms-Requiem und ein Chorprogramm mit dem Schwerpunkt „Deutsche Romantik“. Zum Beispiel „Waldesnacht“ von Johannes Brahms oder die Volksweise „Zogen einst fünf wilde Schwäne“. Eintritt durfte nicht genommen werden, sonst wären die Visa nicht erteilt worden.

Am Christianeum gibt es regelmäßig Schüler und Lehrer aus China

„Die Kontakte zwischen China und Deutschland sollten sich nicht nur auf Wirtschaft konzentrieren“, sagte Chorleiter Dietmar Schünicke nach 22-stündiger Rückreise und der Landung in Fuhlsbüttel. „Wichtig sind auch persönliche Begegnungen auf kulturellem Sektor.“ Dazu gab es für 190 Teilnehmer während der Tournee, die über Dubai und insgesamt mehr als 18.000 Kilometer führte, reichlich Gelegenheit. Als Schirmherr der Konzertreise fungierte Altbundeskanzler Helmut Schmidt.

Schünicke war nicht nur Hauptorganisator, sondern auch das Herz der seit gut einem Jahr geplanten Aktion. Denn auch nach seiner Pensionierung 2008 gibt der musikbegeisterte Pädagoge am 275 Jahre alten humanistischen Gymnasium in Othmarschen den Ton an. Dort baute der Studienrat ab 1971 die Schulchöre auf. Damit die Stimmen der früheren Schüler weiter erklingen, gründete Schünicke im Ruhestand den „Alumni-Chor“ der Ehemaligen.

Dass die China-Tournee zu einem Erfolg wurde, ist auch ein Verdienst von Ming Chai. Sie unterrichtet am Christianeum seit vielen Jahren Musik und Chinesisch und ist ein Beispiel für die erstklassigen Bindungen zwischen beiden Ländern. Mit der Datong-Schule in Shanghai pflegt das Christianeum eine enge Partnerschaft, die durch regelmäßigen Schüleraustausch lebendig bleibt. Aktuell arbeiten zwei Pädagogen aus den Elbvororten in Shanghai, während eine Chinesin in Hamburg ihre Sprache lehrt. Der Abschluss am Christianeum wird in China anerkannt. Klar, dass Frau Ming Chai an der Reise teilnahm und den Chor am Klavier begleitete. Um möglichst viele Kontakte zu ermöglichen, wurde die Reisegruppe aufgestockt. Neben 85 Chorsängern zwischen 19 und 55 Jahren sowie 45 Orchestermitgliedern waren 90 Partner und deren Kinder dabei. Den Gesamtetat in Höhe von rund 250.000 Euro bestritten die Musikfreunde aus eigenen Mitteln und Spenden. Zur Finanzierung trugen ein Auftritt in der Hauptkirche St.Trinitatis zu Altona am 28.September sowie mehrere Hamburger Unternehmen als Sponsoren bei. Öffentliche Zuschüsse wurden nicht benötigt.

Das Orchester Ehemaliger des Traditionsgymnasiums wurde anlässlich der Aktion mit engagierten Laien und einigen Profis angereichert. Wer Interesse und Leidenschaft hatte, durfte dabei sein. So machte sich auch Tenor Christian Irrgang auf den Weg nach Fernost. Der Fotoreporter singt sonst in der Kantorei der Kirche Am Rockenhof in Volksdorf. Irrgang dokumentierte die Tournee fotografisch; demnächst soll eine DVD mit 45 Minuten Laufzeit erstellt werden.

„Aber auch so bleiben die Erinnerungen haften“, weiß Charlotte Paetzold. Die Chirurgin des Johanniter-Krankenhauses in Geesthacht sang schon 1991 in der 5. Klasse im Christianeums-Chor. Nach dem Abitur im Jahr 2000 blieb die Ärztin ihrer Schule und dem Gesang treu. Ihre Bilanz nach elf turbulenten Tagen China: „Über die Musik und gemeinsame Erlebnisse entstanden neue Freundschaften.“ Alle hätten einen starken Zusammenhalt erlebt.

Dieser zeigte sich am Schlussabend in Shanghai auf originelle Art. Während eines Abendessens an Bord eines Drachenbootes wurden Ming Chai, Initiator Dietmar Schünicke und Mitorganisator Paul-Görg Philipps mit einem ihnen gewidmeten Lied gewürdigt: „Musik hat mich empfangen.“ Das sagte mehr als 1000 Worte. Und wurde auch von den Chinesen verstanden.