95 Prozent des Areals in Blankenese sind jetzt geschützt. Eine Reetdachvilla wurde aber abgerissen - zum Ärger von Anwohnern.

Hamburg. Der Baurs Park in Blankenese ist laut Denkmalschutzamt eine der bedeutendsten Gartenanlagen Hamburgs aus dem frühen 19. Jahrhundert. Dennoch drohte einigen der alten Häuser dort der Abriss, mehrere Anträge dazu lagen bereits auf den Schreibtischen des zuständigen Bezirksamts Altona. Doch nun hat das Denkmalschutzamt reagiert: 95 Prozent des Parkareals sind inzwischen in die Denkmalliste eingetragen worden, darunter vollständig die öffentliche Grünfläche und der historische Gebäudekomplex Katharinenhof, teilte das Amt jetzt auf Anfrage des Abendblatts mit. Lediglich bei vier oder fünf Grundstücken bestehe noch Klärungsbedarf, weil deren Eigentümer Widerspruch gegen den Denkmalschutz eingelegt hätten.

Eine der typischen Reetdachvillen dort ist inzwischen dennoch abgerissen worden - sehr zum Ärger mancher Anwohner: "Wie konnten die Behörden das nur zulassen?", sagt etwa Bettina Reichardt, die dort in der Nähe wohnt.

Der Fall erscheint aber komplex. Auf eine Kurzformel gebracht: Es war wohl zunächst eine Überlastung im Altonaer Bauamt, die die Abrisspläne der Eigentümer für dieses Gebäude beflügelt hatte. Um den Park und die Bebauung zu erhalten, hatte der Bezirk vor einigen Jahren beschlossen, einen neuen Bebauungsplan aufzustellen. Der sollte mehr Schutz als das alte Planrecht bieten, was aber manchen Eigentümer wohl veranlasst hatte, flugs noch einen Abrissantrag zu stellen.

Daher war praktisch gleichzeitig auch das Denkmalschutzamt aktiv geworden - und hat damit offensichtlich einen großen Teil der Bebauung erhalten können, weil es schlicht schneller als das Bezirksamt war.

Denn noch immer befindet sich der neue Bebauungsplan Blankenese 42 mit seinem Erhaltungsgebot für die Häuser in der Abstimmungsphase, wie es beim Bezirksamt heißt. Noch also gibt es keinen schärferen Schutz durch das Baurecht, sondern nur durch den neuen Denkmalschutz.

Normalerweise kann eine Behörde zwar mit Veränderungssperren reagieren, solange am Plan noch gearbeitet wird. Doch nach vier Jahren ist dieses Mittel am Ende, weitere Verlängerungen der Sperre sind nicht zulässig, weil sie einen zu starken Eingriff in das Eigentumsrecht bedeuteten.

Doch das Bezirksamt ließ sich Zeit über diese Frist hinaus. Bezirksprecherin Kerstin Godenschwege erklärt dies mit "Kapazitätsgrenzen" angesichts der mehr als 40 Bebauungspläne, die Altona derzeit wegen der Wohnungsbauoffensive in Arbeit habe. Folglich musste das Bezirksamt den Abrissantrag für die Nummer 6 nach altem Recht entscheiden und habe eine Zustimmung erteilen müssen. Zudem sei man zu dem Schluss gekommen, dass der beantragte Neubau auf dem Grundstück genehmigungsfähig sei.

Die Entscheidung fiel offenbar aber auch leichter, weil selbst das Denkmalschutzamt keine Bedenken gegen einen Abriss geäußert hatte - während es für andere Gebäude zu einer anderen Einschätzung gekommen war. "Das Haus Baurs Park 6 war kein Denkmal", sagt die Sprecherin des Amts, Kristina Sassenscheidt. Das Haus sei 1937 gebaut und dann in der Nachkriegszeit um fast ein Drittel vergrößert worden. "Es war nach den Umbauten auch kein Denkmal der 1960er-Jahre, weil der Umbau so konservativ und angepasst erfolgte", so die Sprecherin. Mit anderen Worten: Weil man dort nach dem Krieg baute wie vor dem Krieg, gilt heute kein Denkmalschutz. Eine Sichtweise, die wie in diesem Fall auf Missfallen von Anwohnern stößt. Sassenscheidt: "Aber schön und alt bedeutet nicht automatisch Denkmalschutz." Dazu müssten ganz genaue Kriterien erfüllt sein, ein Gebäude müsse eben einen besonderen geschichtlichen, wissenschaftlichen, künstlerischen oder stadtbildprägenden Wert aufweisen, um geschützt zu werden.

Für den Neubau, immerhin, habe das Denkmalschutzamt Auflagen erlassen, sodass er das "Gesamtbild des Parks nicht beeinträchtigen wird". Und auch die anderen alten Gebäude im Baurs Park dürften wohl erhalten bleiben. Zwar können hier noch gerichtliche Auseinadersetzungen um Abrissgenehmigungen kommen - doch wenn ein Gebäude erst einmal als Denkmal eingestuft ist, so heißt es optimistisch im Denkmalschutzamt, dann folgten Richter meist der Einschätzung.

Ohne Segen des Denkmalschutzes haben alte Häuser aber wenig Chancen bei Abrissplänen. Vor allem, wenn auch ein Bezirk mit seiner Erhaltungssatzung nicht schnell genug ist.