Insolvente Drogeriemarktkette startet den Ausverkauf - auch in Hamburg. Verhandlungen über XL-Märkte und IhrPlatz-Läden gescheitert.

Hamburg. So voll war es bei Schlecker in Ottensen schon lange nicht mehr: Etwa 30 Kunden drängen sich in dem kleinen Laden an der Bahrenfelder Straße. Toilettenpapier, Parfums, Duschgel und Deos haben sie im Arm, alles Artikel, die 30 oder sogar 50 Prozent im Preis herabgesetzt sind. Zwei Verkäuferinnen sitzen an den Kassen und kommen kaum dazu, eine Pause einzulegen oder mit den Kunden zu sprechen. Manch einer hat noch ein paar nette Worte für die Beschäftigten übrig, die jetzt für möglichst leere Regale in dem Geschäft sorgen müssen.

So, wie in 2800 Schlecker-Filialen in ganz Deutschland, hat am Freitag auch in 27 Hamburger Geschäften der Ausverkauf in der insolventen Drogeriekette begonnen. Nach Auskunft eines Unternehmenssprechers lief die Rabattaktion gut an. In den nächsten Tagen sollen dem Plan zufolge die Preise weiter reduziert werden - je nach Fortschritt des Abverkaufs.

Für die noch verbliebenen gut 13 000 Mitarbeiter der Kette sind es bittere letzte Tage. Sie sollen ihre Kündigungen voraussichtlich zum Monatsende erhalten. Rund 100 Beschäftigte sind davon in Hamburg betroffen. Wann die Läden zum letzten Mal geöffnet haben werden, steht noch nicht fest.

Ausgenommen vom Ausverkauf sind derzeit die Filialen des Tochterunternehmens IhrPlatz und die besonders großen Schlecker-XL-Märkte, von denen es auch zwei Geschäfte in Hamburg gibt. Doch auch dort sieht die Zukunft jetzt düster aus. Die Verhandlungen für einen Einstieg des Münchner Investors Dubag bei den bundesweit rund 800 Schlecker-Töchtern sind am Freitagabend überraschend gescheitert. Die Gespräche mit dem Hauptgläubiger, dem Hamburger Kreditversicherer Euler Hermes seien ergebnislos abgebrochen worden, teilte der Insolvenzverwalter mit. In einer Mitteilung hieß es: "Die Eckpunkte des Fortführungskonzepts waren nicht einigungsfähig." Es soll dabei vor allem um arbeits- und mietrechtliche Gründe gegangen sein. Allein bei Euler Hermes steht Schlecker mit 300 Millionen Euro in der Kreide.

Derweil richtet die Agentur für Arbeit aus Ulm in der Schlecker-Zentrale in Ehingen ein spezielles Beratungs- und Vermittlungsbüro ein, das am 25. Juni seine Arbeit aufnehmen soll. Ein Sprecher der Regionaldirektion in Stuttgart sagte, von dem Aus für die Kette seien allein in der Zentrale mehr als 600 Menschen betroffen.

Die gekündigten Beschäftigten, vor allem Frauen, sollen nach dem Willen von Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) und Arbeitsagenturchef Frank-Jürgen Weise Fachkräftelücken in anderen Branchen füllen. Besonders gesucht würden Erzieher und Altenpfleger. Die Arbeitsagenturen wollen ihnen vollwertige Umschulungen in diese Mangelberufe anbieten.

Die Arbeiterwohlfahrt (Awo) unterstützte den Vorstoß, warnte aber, dass Sozialberufe nicht zum Auffangbecken werden dürften. "Qualifizierte und menschlich zugewandte Kinderbetreuung und Altenpflege - das kann nicht jeder", sagte der Awo-Bundesvorsitzende Wolfgang Stadler.

Nach Auskunft der Hamburger Agentur für Arbeit gibt es in der Hansestadt derzeit allein 530 offene Stellen im Einzelhandel. "Daher stehen die Chancen, dass die betroffenen Mitarbeiterinnen hier in ihrem erlernten Beruf unterkommen, ziemlich gut", sagt der Sprecher der Agentur, Knut Böhrnsen. Umschulungen seien zwar auch denkbar, doch die direkte Vermittlung habe Priorität.

Von den rund 80 Hamburger Schlecker-Mitarbeiterinnen, die sich nach der ersten Entlassungswelle arbeitslos gemeldet hatten, haben mittlerweile 20 wieder einen neuen Job gefunden, elf befinden sich in Weiterbildungsmaßnahmen. So lässt sich eine Verkäuferin der Drogeriekette nun zur Steuerfachgehilfin umschulen. Der HVV hatte allen Schlecker-Frauen angeboten, sie als Busfahrerinnen auszubilden. "Doch davon hat bislang niemand Gebrauch gemacht", so Böhrnsen.