Städtisches Wohnungsunternehmen Saga plant nun doch Teilabriss der Elbtreppen-Häuser. Runder Tisch soll schlichten.

Hamburg. Kein Hamburger Bürgerbegehren hatte bundesweit für so viel Aufmerksamkeit gesorgt. Künstler wie der Schauspieler Peter Lohmeyer setzten sich dafür ein; die großen TV-Sender berichteten über die Abstimmung im Bezirk Altona, die den Erhalt eines historischen Gebäudeensembles an der Elbtreppe in Ottensen zum Ziel hatte. Mehr als 11.000 Bürger haben unterschrieben. Das städtische Wohnungsunternehmen Saga GWG knickte damals nach jahrelanger Abrissplanung ein, verkündete vor einigen Monaten öffentlichkeitswirksam die Sanierung des Ensembles und unterstützte die Mieter bei der Suche nach Ersatzwohnungen für die Bauarbeiten, wie es hieß.

Jetzt der Rückzieher. Die Saga GWG konfrontierte Initiatoren des Bürgerbegehrens und die Bezirkpolitik nun doch wieder mit Abrissplänen für einen Teil der Häuser - nachdem fast alle der ursprünglich etwa zwei Dutzend Bewohner der Mietwohnungen ausgezogen sind. Es gebe dort "sehr schwierige Baubedingungen" in der Hanglage. Häuser könnten daher auch abgerissen, in gleicher Form aber wieder aufgebaut werden, heißt es nun.

Politik und Mieter lehnen das aber derzeit strikt ab: "Hier würde dann ein Bürgerbegehren regelrecht ausgehebelt, das machen wir so nicht mit", sagt dann auch Mark Classen, Vizefraktionschef der SPD in der Bezirksversammlung Altona. Die SPD-Grünen-Mehrheitsfraktion werde einen Abriss nicht mittragen, sagt der SPD-Politiker.

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+++ 10.000 Unterschriften sollen den Abriss stoppen +++

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Zumal die Saga zwölf Jahre Zeit gehabt habe, die Häuser zu sanieren. "Stattdessen hat sie das Ensemble verfallen lassen", kritisiert Classen. Karsten Schnoor, Sprecher der Mieterinitiative, zeigte sich ebenfalls verärgert. "Damit würden die Politik, die Öffentlichkeit und wir hintergangen", sagt er. Man hätte sich das Bürgerbegehren dann auch gleich sparen können, wenn es überhaupt keinen Wert hat, sagt Schnoor. Er selbst sei auch enttäuscht, weil er diesmal an die Ankündigung der Saga geglaubt und die Mieter überzeugt habe, möglichst schnell in die angebotenen Ersatzwohnungen einzuziehen.

Tatsächlich wirft die Begründung der Saga Fragen auf: Seit gut zehn Jahren gibt es nun schon Auseinandersetzungen um die fünf Häuser, die teilweise mehr als 100 Jahre alt sind. Sie gelten als letztes Zeugnis der eher kleinteiligen und ärmeren Siedlungsstruktur am Elbufer - das heute als "Perlenkette" gilt und mit Luxusbauten im HafenCity-Stil zugepflastert werde, wie Mietersprecher Schnoor beklagt. Und: Seit Jahren sehen sich Denkmalschützer und Bauingenieure die Häuser immer wieder an, mehrmals wurden Pläne vorgestellt. Mal galten die vorderen Häuser als denkmalwürdig, dann die hinteren - je nach Abriss- und Neubauplänen. "Warum erst jetzt die angeblichen statischen Probleme auftauchen, ist da mehr als fraglich", sagt Schnoor.

Zuletzt hatte die Saga Pläne vorgelegt, die einen Abriss und Neubauten mit öffentlich geförderten Wohnungen vorsahen. Doch das erfolgreiche Bürgerbegehren wandte sich im Sommer 2010 klar gegen jeglichen Abriss der Häuser. Die Bezirksversammlung Altona schloss sich der Forderung des Begehrens an.

Über die oberen Häuser 13, 13a, 15a und 15b dürfte es damit auch jetzt keinen Streit geben: Sie sollen nach Vorgaben des Denkmalschutzes saniert und dann als Sozialwohnungen vermietet werden. Wieder von Abriss bedroht sind drei Gebäude direkt am unteren Hang in bester Elblage.

Doch noch ist der Abrissbeschluss nicht endgültig, hinter den Kulissen wird offenbar weiter hart diskutiert, wie der Knoten aus Bürgerwunsch und teurer Sanierung zu lösen ist. Gestern nun überraschte die Saga mit einem neuen Gesprächsangebot. Möglicherweise auch auf Druck von Stadtentwicklungssenatorin Jutta Blankau (SPD). Bis zur Sommerpause soll nun ein runder Tisch über Abriss oder Alternativen entscheiden, teilte das Untenehmen auf Anfrage des Abendblatts mit.

Wie politisch brisant der Fall ist, zeigt die Teilnehmerliste: Der Staatsrat der Baubehörde, Michael Sachs, soll dabei sein, Saga-GWG-Vorstand Willi Hoppenstedt, Bezirksamtsleiter Jürgen Warmke-Rose und Vertreter aller Bezirksfraktionen. Senatorin Blankau begrüße die neue Initiative zum Dialog, heißt es in der Stadtentwicklungsbehörde. Und dabei dürfte es dann auch um künftige Mietpreise an der Elbtreppe gehen: Bei einer Sanierung würde die Miete auf HafenCity-Niveau mit bis zu 20 Euro kalt pro Quadratmeter steigen, mutmaßen Beteiligte auf beiden Seiten. Zum Vergleich: Sozialwohnungen kosten in Hamburg je nach Förderweg 5,80 Euro oder 9,50 Euro pro Quadratmeter. Wie ein Kompromiss im Streit um die Elbtreppen aussehen könnte, formuliert SPD-Politiker Classen: "Wenn Teilabriss - dann nur mit einer Garantie für günstige Mieten."