„Kreuzberger Nächte“, die sind lang – seine Karriere ist es ebenfalls. Seit Hans-Jürgen Dohrenkamp, geboren 1948 in Bad Salzuflen, Ende der 70er-Jahre mit der (West-)Berliner Blödel-Truppe Gebrüder Blattschuss jenen eingangs erwähnten Gassenhauer landete, ist er hierzulande fester Teil des Unterhaltungsbetriebs. Ob nun Showmaster-Guru, Elder Statesman der deutschen Comedy oder Meister des anzüglichen Humors – unter seinem Künstlernamen Jürgen von der Lippe ist er zur Marke geworden. Früher Quotenkönig, heute noch immer Zotenkönig. Oder doch noch etwas mehr?
Der Mann, der in ARD-Shows wie „Geld oder Liebe“ und „Wat is?“ das Hawaiihemd und den Kinnbart in der deutschen Fernsehabend-Landschaft massentauglich gemacht hat, ist seit Januar dieses Jahres bei seinem Haussender WDR wieder regelmäßig sonntags zu sehen: Von der Lippe ist Co-Gastgeber der Show „Nicht dein Ernst!“
Er selbst hat sich immer als Bühnenkomiker verstanden – Fernsehen, Bücher und seine Alben, das seien nur Nebensache gewesen, sagte der einstige Hit-Lieferant („Guten Morgen, liebe Sorgen“) im Vorjahr. Den Ehrenpreis für sein Lebenswerk beim Deutschen Fernsehpreis hat er dennoch angenommen. Und das mit den Ehrenpreisen begann genaugenommen bereits 2006 beim Deutschen Comedypreis; der Ehrenpreis im Verein Deutsche Sprache, die Sonderpreise „Reif und Bekloppt“ beim Bonner Prix Pantheon und der Jürgen-von-Manger-Preis in Herne (beide 2015) waren nur drei weitere Auszeichnungen für sein Lebenswerk.
Alle zwei Jahre veröffentlicht von der Lippe ein neues Buch, in diesem Turnus ebenso ein neues Bühnenprogramm. Mit „Nudel im Wind“ brachte er als Autor Anfang 2019 sogar seinen ersten Roman heraus. Der satirische Medien-Krimi schaffte es auf die „Spiegel“-Bestsellerliste, es ist das vorerst letzte seiner bisher 14 publizierten Bücher, selbstredend verbunden mit einer ausverkauften Lese-Tour.
Und weil von der Lippe („Ich bin mein eigener Unternehmer“) mit seinem Tourneeprogramm „Voll fett“ auch in der Freien und Humorstadt Hamburg sein Stammpublikum fand, kommt der Entertainer nach der ausverkauften Premiere im Oktober 2018 erneut ins Schmidts Tivoli. Am Spielbudenplatz tritt er ab 8. März, dem internationalen Frauentag, an sechs Abenden in Folge auf. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Denn außer der Jugendsprache und technischen Neuerungen widmet sich von der Lippe in seinem Comedy-Programm immer wieder gern der Beziehung zwischen Mann und Frau.
Als er vor genau 14 Jahren in Hamburg spielte, kokettierte er noch mit dem Weltfrauentag: „Ich werde mich bemühen, es den Damen heute nicht zu ungemütlich zu machen“, sagte er. Immerhin hat das Tivoli mehr Charme als der damalige Saal 2 des noch im Umbau befindlichen CCH.
„Voll fett“ ist von der Lippes inzwischen 16. Bühnenprogramm. Der Künstler genießt es, noch immer gefragt zu sein. Obwohl der Liebhaber der deutschen Sprache statt Autogramme zu geben heutzutage mit vielen seiner Fans für Selfies posieren muss. Und das nach jeweils gut zweieinhalb Stunden durchaus anstrengender Soloshow. Aber der Merchandising-Stand im Theater-Foyer will ja belebt werden. Heißt: Auch Tournee-Abende auf St. Pauli können lang werden ...
„Voll fett“ So 8.3. bis Fr 13.3., So/Mi je 19.00, Mo/Di/Do je 19.30, Fr 20.00, Schmidts Tivoli (S Reeperbahn), Spielbudenplatz 27/28, Restkarten ab 26,20: T. 31 77 88 99; www.tivoli.de
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