Der Schwabe freut sich, das „Oechsle“ entdeckt zu haben. Er freut sich, weil er an saftiges Ochsenbäckchen denkt und an würzige Ochsenschwanzsuppe, und dann ist er enttäuscht, weil das neu eröffnete Restaurant in Rotherbaum weder noch anbietet.

Ein Missverständnis: Christian Planko, der in Hamburg unter anderem im Vier Jahreszeiten und im Atlantik kochte, hat mit dem Oechsle in den Räumen des legendären La Mirabelle ein Weinlokal mit kleiner (heißt: vier Hauptgerichte, Vegetarier bleiben hungrig), aber feiner Abendkarte eröffnet. Einfach, aber ausgesucht wollen die Speisen sein, umfangreich die Weinkarte – der Name bezieht sich auf den sogenannten Oechslegrad, der das Mostgewicht und damit den Zuckergehalt des Weines bestimmt.

Man möchte in diesem Arrangement baden und ist glücklich

Also gut. Der Kellner darf sein Weinwissen unter Beweis stellen. Bestellt wird rosa gebratene Entenbrust auf Portweinjus (18 Euro), dazu empfiehlt er einen leichten Grenache von der Rhone (4,20 Euro für 0,1 Liter) – damit macht man nichts falsch. Zunächst wirkt der Rotwein etwas unspektakulär, gewinnt aber, nachdem man ihn atmen ließ: gute Empfehlung! Also eine Stufe schwieriger: Die Begleitung möchte Rindsroulade (17,50 Euro), dazu würde ein schwerer Roter passen. Den mag sie aber nicht, ob vielleicht auch ein Weißwein ginge? Geraten wird zum Pfälzer Grauburgunder (4,10 Euro), allerdings zum verhältnismäßig kräftigen. Der tatsächlich optimal zur Roulade passt.

Prüfung bestanden! Überhaupt ist der Service tadellos. Das Oechsle gibt es erst seit wenigen Wochen, und am Freitagabend ist zurzeit noch nicht jeder Platz besetzt – bei einem vollen Haus allerdings sind ein oder zwei weitere Mitarbeiter unverzichtbar.

Vorneweg: Tomaten-Gin-Suppe (8,50 Euro). Ist ordentlich, sehr fruchtig, sehr tomatig, mit interessanter Schärfe im Abgang. Allerdings vermisst man das Wacholderaroma des Gins. Aber die Suppe will natürlich dem Hauptgang nicht die Show stehlen – und die ist spektakulär. Die Rindsroulade ist saftig, gut gewürzt und zart, das Kartoffelpüree fluffig, die Wurzeln knackig, einzig ein bisschen mehr Soße hätte sich die Begleitung gewünscht. Und die Entenbrust liegt auf einer wunderbar aromatischen Komposition aus Pastinaken, Wurzeln und Portweinjus. Ein Gedicht! Dass man sich zunächst mit einem für die naturgemäß feste, weil rosa gebratene Ente ungeeigneten Messer herumquälen muss, ist lässlich: Der Kellner wechselt das stumpfe Werkzeug sofort aus.

Zum Nachtisch gibt es Karamelleis, Schokolade und Himbeersoße (9,90 Euro), man möchte in diesem Arrangement baden und ist glücklich. Planko bietet so unaufgeregte wie raffinierte Spitzenküche zu einem mehr als korrekten Preis im lockeren Ambiente mit kompetenter Weinberatung – ein paar Service-Kinderkrankheiten gehören zur Neueröffnung, und außerdem werden sie mit unschlagbarem Charme auch gleich wieder wettgemacht.

Oechsle Restaurant und Weinbar, Bundes­straße 15, mittwochs bis sonntags ab 17 Uhr, Reservierungen unter: T. 410 75 85