Was waren das für Feste, als im maroden Stadtbad Oderberger Straße die Ostberliner Untergrundszene noch „Modenschauen“ veranstaltete mit schrillen, selbst geschneiderten Fantasie-Kostümen: In Annekatrin Hendels Dokumentarfilm „Schönheit und Vergänglichkeit“ sieht man auf altem Videomaterial jemanden in Lederkluft als Riesen-Fledermaus durch die Luft sausen, quer über das einstige Bassin. Alle jubeln, die Stimmung ist berauschend.

Heute ziehen hier durchtrainierte Menschen ihre schnurgeraden Bahnen. Berlin, sagt einer der Verkleideten von damals, Fotograf Robert Paris, sei für ihn nicht mehr „meine, sondern nur noch eine Stadt“. Er wanderte kurz nach der Wende nach Indien aus. Er gehörte mit dem weit über Berlin hinaus bekannten Fotografen und Berghain-Türsteher Sven Marquardt und Schmuckdesignerin Dominique
„Dome“ Hollenstein in den 80ern zum Kern der Szene; er und „Dome“ waren Marquardts Lieblingsmodelle.

In Hendels Film begeben sich alle drei auf Spurensuche in ihre alten Berliner Leben. Hendel destilliert aus diesem Gefüge keine sentimentale Dokumentation mit Talking Heads. Sie lässt stattdessen ihre Figuren in ihrem natürlichen Umfeld agieren wie auf Bühnen, ab und zu stellt sie, wie zuletzt in „Familie Brasch“, Fragen aus dem Off.

Ihre Kameramänner filmen Tableaus, die auch ohne Worte auskommen und Raum lassen für eigene Erinnerungen an das alte und Fragen an das heutige Berlin.

„Schönheit und Vergänglichkeit“ So 8.12., 15.00, Mo 9.12., 17.00, Abaton (Bus 4, 5), Allende-Platz 3, Karten 9,-, ab 6 J., www.abaton.de