Ein bisschen schwindeln wir doch alle. Das wird gleich zu Beginn dieses Films deutlich, wenn zwei Rentner am Computer auf Partnersuche gehen. Beide geben im Profil zur Sicherheit erst mal falsche Namen ein. Und da man schon beim Tricksen ist, klickt Roy Courtnay (Ian McKellen) „Raucher? Nein“ an, mit Zigarette im Mund – und Betty McLeish (Helen Mirren) „Trinker? Nein“, mit Weinglas in der Hand. Natürlich will man sich beim ersten Date erst mal von der besten Seite zeigen.

Aber in „Good Liar“ geht es nicht um den dritten Frühling und auch nicht um Dating-Apps für Rentner. Was als Romantic Comedy fürs gehobene Alter beginnt, wandelt sich bald zum düsteren Thriller. Der so distinguiert wirkende Herr hat es, wie der Zuschauer bald rausfindet, faustdick hinter den Ohren. Der Hochstapler dreht allerlei krumme Dinge, bei denen es um immense Summen geht. Dass er auch gezielt vermögende Witwen abzockt, ist da fast ein Kavaliersdelikt. Als er Betty trifft, will Roy einen letzten großen Schwindel wagen. Aber plötzlich zieht seine Masche nicht mehr. Sollte er sich sogar in die gutmütige Dame verliebt haben?

„The Good Liar“ ist Starkino par excellence. Und gibt gleich zwei großen Schauspielern eine Bühne. Dass Altstars als Hochstapler brillieren, scheint überdies, nach „The Mule“ mit Clint Eastwood und „Ein Gauner & Gentleman“ mit Robert Redford, ein neuer Trend. Das Pro­blem ist nur: Regisseur Bill Condon betreibt selbst Hochstapelei und überrumpelt mit immer neuen Wendungen. So wird nach und nach ein notorischer Betrüger bloßgestellt, dessen kriminelle Ader weit zurück bis ins Trümmer-Berlin anno ’45 führt. Diese Dramaturgie macht zunehmend misstrauisch. Und bevor man Mitleid mit der reizenden alten Dame kriegt, fragt man sich doch, ob Helen Mirren wirklich eine so gutgläubige Naive spielen kann, die jedem Betrüger auf den Leim geht. Die größte Wende des Films ist dann doch nicht so verblüffend. Auch diese Masche zieht nicht mehr

Gewarnt sei überdies davor, den Film im Original zu sehen. Er wurde zwar teils in Berlin gedreht. Dass aber auch die Rollen der Deutschen von Briten mit lausigem Akzent gespielt werden, ist ein so offenkundiger Betrug, dass kein Filmemacher damit durchkommt.

„The Good Liar – Das alte Böse“ USA 2019, 110 Min., ab 12 J., R Bill Condon, D: Helen Mirren, Ian McKellen, Jim Carter, täglich im Holi, Passage; www.warnerbros.com