„Jan Plewka singt Rio Reiser“, das war einer der ganz großen Hits 2004 am Hamburger Schauspielhaus unter dem damaligen Intendanten Tom Stromberg. Weil Stromberg mit dem Abend gleichzeitig etwas wagte und auf Nummer sicher ging: Ein Liederabend sorgt für volles Haus, das schon, aber interessiert sich noch irgendwer für Politrock des 1996 gestorbenen Ton-Steine-Scherben-Sängers Reiser? Interpretiert von Plewka, der zwar mit der Deutsch-Grunge-Band Selig Mitte der Neunziger einige Hits hatte, 2004 aber ein Star von vorgestern war?

Die Antwort lautet: durchaus. Die Abende waren immer ausverkauft, nach dem Ende von Strombergs Intendanz tourte Plewka mit der zwischen Performance und Rockkonzert angelegten Show, hin und wieder tauchte das Projekt auf Kampnagel auf. Und Plewka sang weiter im Theater, immer unter der Regie von Stromberg, „Sound of Silence“ (Songs von Simon & Garfunkel), „Rausch“ (Exzesspop), „Rausch – La Versione Italiana“ (Italopop), „Die Macht der Musik“ (Retropop). Alles reizend, alles immer voll. Obwohl Plewkas Rockmusikerkarriere sich nach dem Selig-Comeback im Jahr 2008 erfolgreicher denn je gestaltete.

Der jüngste Streich des Duos ist eine Rückkehr zu den Anfängen: Bei „Wann, wenn nicht jetzt“ spielen Plewka und seine vierköpfige Band endlich wieder Songs von Rio Reiser. Die Auswahl setzt sich wie schon vor 15 Jahren teils aus den Ton-Steine-Scherben-Jahren zusammen, teils aus Reisers kurzer Solokarriere. Allerdings sind die Songs düsterer und härter – die Zeiten sind ja auch härter geworden, fröhliche Hits wie „König von Deutschland“ gibt es nicht mehr zu hören, dafür „Jenseits von Eden“, „Warum geht es mir so dreckig?“, „Menschenfresser“.

Ansonsten ist aber alles wie gehabt: Weiterhin gibt es eine Mischung aus Theater und Rockkonzert, weiterhin erweist sich Plewka als begnadeter Performer, der Reiser nicht imitiert, sondern die Songs spielt, als ob es seine eigenen wären. Und weiterhin lohnt ein zweites Hinhören, um festzustellen: Diese Musik ist ganz und gar nicht von gestern. Doch, Tom Strombergs Idee von 2004 war ein Geniestreich.

„Wann, wenn nicht jetzt“ So 17. 11., Do 27.2.,19.30, Kampnagel (Bus 17, 172, 173), Jarrestraße 20, Tickets Karten ab 18,- bis 30,- unter T. 27 09 49 49, www.kampnagel.de