Herbst 1999 in Deutschland. Der Sozialdemokrat Gerhard Schröder ist seit einem Jahr Bundeskanzler, die Deutschen in Ost und West sind seit zehn Jahren wieder vereint, und wenn sie shoppen gehen, zahlen sie mit D-Mark. Gerade mal jeder fünfte Deutsche hat Zugang zum Internet, Steffi Graf und Boris Becker beenden ihre Tennis-Karrieren – und in der Hamburger-Abendblatt-Kantine haben zwei Redakteure eine Wein-Idee: Wäre es nicht toll, direkt nach Feierabend tanzen gehen zu können? Ein Einfall der Kollegen Heinrich Oehmsen und Volker Albers, der bei Inferno-Events-Chef Alexander Schulz auf offene Ohren stößt.

Wenig später startet der erste „After Work Club“ in Planten un Blomen, beworben als Trend, der aus New York kommt, obwohl es nicht mal in den großen Party-Metropolen damals derartige Feiern gab. Sei es drum, der „AWC“ wird in Windeseile zu einem echten Renner in der Szene. Mehr als eine halbe Million Gäste zählt der AWC Hamburg bis heute und ist damit das langlebigste und wohl auch erfolgreichste Club-Format der Stadt.

Zunächst wird im Café Schöne Aussichten noch alle 14 Tage jeweils donnerstags getanzt und geschwoft. Doch bald schon ist der Andrang so groß, dass jede Woche im Park-Café der Slogan „Vom Büro direkt auf den Dancefloor“ gilt. Die Schlangen am Eingang reichen bis zum Cinemaxx. „Die Masche zu behaupten, man folge einem Trend aus den USA, hat anscheinend gezogen“, sagt Veranstalter Alexander Schulz, mittlerweile Geschäftsführer des Reeperbahn Festivals heute. Spätestens als der „Spiegel“ im Frühjahr 2000 ausführlich vom neuen Großstadt-Trend berichtet und Schulz in den „Tagesthemen“ (!) den neuen Hype erklären kann, ist der After Work Club Stadtgespräch.

Mittlerweile gibt es überall in der Stadt (und in der ganzen Welt) zahlreiche After-Work-Partys, in denen bei kühlen Drinks und coolen Beats von den DJs der Feierabend und manchmal auch schon das Wochenende eingeläutet wird. Der Büroschluss wird in unterschiedlichen Locations mit Burgern oder Champagner, Sushi-Kreationen oder Elbblick, Kopfhörern oder Hintergrund-Mucke zelebriert.

Und auch beim „Original-AWC“ in den Schönen Aussichten, der im Sommer mit der großen Terrasse lockt, ist noch lange nicht Schluss. Doch nun wird an diesem Donnerstag erst mal der 20. Geburtstag gefeiert. Und zwar mit den Disco Boys. Das Hamburger DJ-Team, bestehend aus Raphael Krickow und Gordon Hollenga, spielt eine Mischung aus Disco-Klassikern und modernen House-Remixen. Feierabend machen die beiden erst viel später …

20 Jahre After Work Club Do. 14.11., ab 18.00, Café Schöne Aussichten (U Stephansplatz), Gorch-Fock-Wall 4, Eintritt 7,-; www.afterworkclub.de