Zwischen Hamburg und Köln besteht eine recht stabile Verbindung – per Deutscher Bahn oder neuerdings per Flixtrain. Zwischen den Volksschauspielern Heidi Kabel und Willy Millowitsch bestand sogar jahrzehntelang eine Freundschaft, die ihre Kinder Heidi Mahler und Peter Millowitsch kollegial fortführen, zuletzt Anfang des Jahres im Kult-Schwank „Tratsch im Treppenhaus“. Das Millowitsch-Theater hat inzwischen aus wirtschaftlichen und Altersgründen geschlossen.

Das Ohnsorg indes schreitet auf seiner abwechslungsreichen Verjüngungskur voran – dank neuer Kölner Mithilfe. Am 6. Oktober feiert hier „Extrawurst“ Uraufführung, geschrieben von Dietmar Jacobs (52) und Moritz Netenjakob (49). Wer etwas Interesse an deutschem Humor hat, kennt die beiden rheinischen Satire-Naturen: Als Co-Autoren der Pro-7-Sitcom „Stromberg“ wurden sie 2006 mit dem Grimme-Preis ausgezeichnet, schrieben Serien wie „Das Amt“, „Die Wochenshow“ und „Ladykracher“, im Fall Netenjakobs sogar Bestseller wie „Macho Man“ und „Milchschaumschläger“.

Jacobs schrieb Jochen Busses Kabarett-Solo und „Der Pantoffel-Panther“

„Es macht uns stolz, dass das Ohnsorg unser Stück als Erstes herausbringt“, sagt Dietmar Jacobs, der wie Netenjakob – 2007 zweiter Sieger beim Hamburger Comedy-Pokal – selbst Bühnenerfahrung hat. Nur dass er sein Faible fürs Kabarett außer bei den WDR-„Mitternachtsspitzen“, „heute-show“ (ZDF) und „extra 3“ (NDR) inzwischen als Hausautor des Düsseldorfer Kom(m)ödchens und von Jochen Busse auslebt. Für den agilen Altmeister schrieb Jacobs dessen einziges Kabarett-Solo, aber auch das Boulevard-Stück „Der Pantoffel-Panther“, 2017 an der Komödie Winterhude ein Erfolg.

Die „Extrawurst“, erzählt Jacobs, sei indes „eine aktuelle politische Komödie“, auf die er über Erfahrungen seiner Kinder in der Grundschule kam. „Dürfen muslimische Kinder Fleisch auf einen Grill legen, auf dem schon Schweinefleisch lag?“, lautete eine Frage. Oder ist das nicht gegen die Regeln des Glaubens? Und soll oder muss die sogenannte Mehrheitsgesellschaft darauf Rücksicht nehmen? Gleichzeitig war es die Inspiration für ihr Stück, das die Autoren im Vorjahr beim Berliner Kiepenheuer Bühnenvertrieb ablieferten.

Gut vier Monate lang haben sie intensiv daran gesessen. „Mal hab ich fünf Seiten geschrieben, dann Moritz fünf Seiten, danach haben wir zusammen draufgeschaut“, erzählt Jacobs von der gemeinsamen Frühjahrsarbeit, „schön mit Blick auf den Rhein“. Dass das Stück, das 2020 bei vielen weiteren deutschen Theatern auf dem Spielplan stehen wird, nun an der Elbe Uraufführung feiert, liegt auch daran, dass das Ohnsorg fix zugegriffen hat.

Platziert haben die Autoren ihre „Extrawurst“ in einem Tennisclub. Auf der Mitgliederversammlung eines norddeutschen Vereins soll über den Kauf eines Grills abgestimmt werden. Über die Frage, ob speziell für Erol, einziges türkisches Mitglied und ein Punktegarant, ein eigener Grill anzuschaffen sei, droht ein absurder Streit zu entflammen. „Erol ist vollkommen integriert“, sagt Jacobs. „Der Tennisclub aber steht stellvertretend für das skeptische Bürgertum.“

Spielt ihnen die Bahn keinen Streich, wollen Netenjakob und Jacobs die Uraufführung am 6.10. im Ohnsorg in Meike Hartens Regie selbst besuchen. Ensem­ble-Mitglied Meike Meiners hat das Stück ins Plattdeutsche übersetzt, aber einige hochdeutsche Passagen stehen gelassen. Und bei Verständnisproblemen fragt Co-Autor Jacobs zur Not seine Frau: Als gebürtige Ostfriesin spricht sie auch platt ...

„Extrawurst“ Uraufführung So 6.10., 19.30 Uhr, Voraufführung 16 Uhr, bis 15.11., Ohnsorg-Theater (U/S Hbf.), Heidi-Kabel-Platz 1, Karten zu 23,52 Euro (ermäßigt 9 Euro/Do.) bis 36 Euro unter T. 35 08 03 21