„Ad Astra“ von James Gray spielt „in naher Zukunft“, wie es anfangs heißt. Die Zeit lässt sich danach bestimmen, dass in der Welt des Films die Utopie eines kommerziellen Flugverkehrs zum Mond Wirklichkeit geworden ist, aber in unverkennbarer Nähe zu heutigen Gebräuchen den Passagieren an Bord eine Decke und ein Kissen für den Aufpreis von 125 Dollar angeboten wird.

Noch in anderen Dingen erkennt man sie wieder, die Welt von heute: Die Erde hat auch in Grays Zukunft noch respektive erst recht Umwelt- und Ressourcen-Probleme. Nur dass der Kampf um Rohstoffe auf dem Mond stattfindet und die Bürokratie bis zum Mars reicht, wo unser Raumfahrer-Held von einer Frau hinter einem Schreibtisch empfangen wird, die irgendwelche Formulare verlangt.

Was es in Zukunft auch immer noch gibt, ist übrigens der gute alte Vater-Sohn-Konflikt. Brad Pitt spielt in „Ad Astra“ den Sohn Roy, der es seinem Vater, einem legendären Wissenschaftler und Astronauten, nachgemacht hat und ebenfalls Raumfahrer wurde. Die ersten Szenen des Films zeigen ihn, wie er bei einem Arbeitsunfall aus dem Himmel auf die Erde stürzt. Roy beweist hier seine außerordentlichen Fähigkeiten, weil er im freien Fall noch einen kühlen Kopf bewahrt. Sein Puls, so stellt die ärztliche Untersuchung fest, sei nie auf mehr als 80 gestiegen.

Man wählt ihn aber noch aus einem anderen Grund für die Mission aus, um die es in „Ad Astra“ geht: Sein vor Jahrzehnten im All verschollener Vater Clifford (Tommy Lee Jones) könnte doch noch am Leben sein. Roy soll ihn suchen und ihm eine Botschaft überbringen, denn der legendäre Clifford könne vielleicht aufklären, was es mit den rätselhaften Weltall-Explosionen auf sich habe, die das Überleben auf der Erde gefährden.

Obwohl hier weit gereist wird und große Dinge wie der drohende Weltuntergang und extraterrestrische Intelligenz verhandelt werden, ist der Film im Wesentlichen ein Ein-Personen-Stück. Brad Pitt als Roy ist gefühlte 90 Prozent des Films im Bild. Für ihn ist es eine Herausforderung, gehörte er doch nie zu den expressivsten Schauspielern. Sein Stil war immer der Minimalismus. Doch wie er hier die Fassade der Unberührtheit einsetzt, um den Zuschauer für die kleinsten Regungen seines Charakters zu interessieren und feine Nuancen zwischen Lügen und Selbstbetrug sichtbar macht, nötigt mehr als nur Respekt ab. Pitt trägt den Film, der ohne ihn kaum mehr als ein wirres Science-Fiction-Spektakel mit nicht genug Spektakel wäre. Eine Oscar-Nominierung wäre mehr als verdient.

„Ad Astra – Zu den Sternen“ USA/ Brasilien 2019, 124 Minuten, ab 12 Jahren, Regie: James Gray, Darsteller: Brad Pitt, Tommy Lee Jones, Ruth Negga, täglich im Cinemaxx Dammtor/Harburg, Studio (OmU), UCI Mundsburg/Othmarschen-Park/Wandsbek, Zeise (OmU)