Hamburg. Star-Dirigent Kent Nagano lädt am 31. August zum 2. Rathausmarkt Open Air mit den Philharmonikern.

Es mag etwas ungewöhnlich sein, beim Nachdenken über ein spezielles Konzert eines Hamburger Orchesters im Herzen Hamburgs mit dem speziellen Konzert eines Berliner Orchesters im Herzen von Berlin zu beginnen, dennoch: Als vor wenigen Tagen Kirill Petrenko, der neue Chefdirigent der Berliner Philharmoniker, vor dem Brandenburger Tor die Neunte von Beethoven und sich mit seinem Orchester präsentierte, folgten mehr als 30.000 Menschen dieser Einladung zu einer Gratis-Begegnung mit klassischer Musik. Die Bilder waren spektakulär, die Neunte ist es ohnehin, die begeisterte Stimmung war entsprechend.

Solche Opus-Air-Termine sind nicht erst seit gestern enorm beliebt. Sie sind – insbesondere für Zweifler und Ausredenformulierer – ideales Portiönchen Einstiegsdroge, um sich von dieser Kunstform faszinieren zu lassen, selbst wenn man das Köchelverzeichnis mit Mozarts Werken nicht auswendig herunterbeten kann. Man geht zu einem derartigen Freiluft-Konzert, stellt dort fest: Na so was, ist doch ganz schön, und sagt sich am Ende womöglich: Das machen wir jetzt öfter.

In Montreal trat Nagano einst im Eishockey-Stadion auf

An dieser Stelle kommt der Hamburger Generalmusikdirektor Kent Nagano ins Spiel, mitsamt seinen Philharmonikern. Schon während seiner Zeit in Montreal organisierte er immer wieder clever großformatige Events, mit denen er Menschen über die vermeintliche Hemmschwelle zur Klassik lockte, bis hin zu einem Orchesterauftritt im dortigen Eishockey-Stadion. Für den Abschluss seines „Philharmonische Akademie“-Konzepts bringt Nagano am Sonnabend (31.8.) als Appetizer für die reguläre und überdachte Konzertsaison sein hiesiges Orchester auf den Rathausmarkt. Kostenlos und draußen, mit 2500 Stühlen und zusätzlichem Platz für weitere Gäste. Im vorigen Spätsommer kamen mehr als 7000.

Und weil Nagano seine programmatischen Hausaufgaben natürlich gemacht hat, ist das Musik-Sortiment für August 2019 nicht ganz hintergedankenfrei. Während die Erinnerung an das Grab des berühmten Barock-Komponisten Telemann nur wenige Meter von der Bühne entfernt ge- und besucht werden kann (vorausgesetzt, man findet die Gedenktafel im Boden ...), setzte der Hamburger Generalmusikdirektor ein Meisterwerk eines spätromantischen Hamburger Ehrenbürgers aufs Programm. Die Erste Sinfonie von Brahms nämlich, einem Sohn der Stadt, das berühmteste Kind aus dem Gängeviertel. Für die Philharmoniker sind dessen Sinfonien ein Teil ihrer DNA; die vor dem Sitz der Stadtregierung zu spielen ist auch ein Signal ins Rathaus, wie sehr Musikstadt Hamburg schon war, jetzt ist und zukünftig sein kann.

Mit Gershwins „Rhapsody In Blue“, dem zweiten Hauptwerk des Abends, liegt man bei launigen Konzerten immer richtig: Eine elegantere Vermischung eines klassischen Orchesters mit Jazz-Rhythmen muss man lange suchen. Solist ist Pianist Gilles Vonsattel, der 2016 Artist in Residence bei Nagano in Montreal war. Dazu kommen Gershwin-Hits wie „I Got Rhythm“ oder „Summertime“ sowie noch die eine oder andere Überraschung.

„Wie schön, dass wir so etwas Verrücktes gemacht haben“, hatte Kent Nagano vor einem Jahr am Ende der Open-Air-Premiere zu Protokoll gegeben. Obwohl es ja nicht verrückt war, sondern nur konsequent. Und was Berlin kann …

Rathausmarkt Open Air Sa 31.8., 20.00, Rathausmarkt (U Rathaus, U/S Jungfernstieg), Eintritt frei; Infos: www.philharmonisches-staatsorchester.de