Von einer Mutter wie ihr können viele Teenager nur träumen: Héloïse (Sandrine Kiberlain) ist voll jugendlicher Ausstrahlung, und das trotz dreier Kinder. Berufstätig mit eigenem Restaurant, gehört sie zu dem Typ Mutter, der seinen Kindern beste Freundin ist. Wenn Tochter Jade (Thaïs Alessandrin) aus der Klausur simst, sucht Héloïse schnell im Internet. Und wenn der Betrug auffliegt und sie zur Rektorin bestellt wird, gibt die Mutter auf eine Weise die Unwissende und Empörte, dass der Rektorin nichts übrig bleibt als zu verzeihen. Vor der Schule kichern Mutter und Tochter über ihren Streich. Man versteht als Zuschauer absolut, dass diesen Menschen der nächste Entwicklungsschritt, die Trennung, sehr schwer fallen wird.

Regisseurin Lisa Azuelos hat selbst drei Kinder; die Annahme, dass sie bei „Ausgeflogen“ aus eigener Erfahrung spricht, liegt nahe. Zumal die Figur des Nesthäkchens Jade, die als Letzte das Heim verlässt, von Azuelos Tochter Thaïs gespielt wird, mit der die Französin schon in ihrem Erfolgsfilm „LOL“ zusammengearbeitet hat.

Der autobiografische Anteil macht sich vor allem im großen emotionalen Schwung bemerkbar, mit dem hier die Wehmut beschrieben wird, die eine Mutter angesichts des Flüggewerdens ihrer Kinder empfindet. Auch wenn die Details des Lebens alle ein wenig zu unrealistisch und zu drollig beschrieben werden und kein Konflikt wirklich Konflikt sein darf, so überzeugt doch der lako­nische Charme, mit dem Azuelos dem Mutterdasein als wichtige, aber eben letztlich endende Phase im Leben einer Frau
eine optimistische Hommage setzt.

Ausgeflogen F 2019, 87 Minuten, ab 6 Jahren, Regie: Lisa Azuelos, Darsteller: Sandrine Kiberlain, Thaïs Alessandrin, Victor Belmondo, Camille Claris, Mickaël Lumière täglich im Passage;