Wenn der Fußball Pause hat, zieht die Kunst ins Stadion ein. Seit Wochen wird in der Spielstätte des FC St. Pauli gewerkelt und gestrichen, gemalt und gesprayt, installiert und aufgebaut. Bereits zum neunten Mal zieht die Millerntor Gallery knallbunt, inspirierend und für einen guten Zweck in die Heimstätte der Kiezkicker ein – die gemeinnützige Initiative Viva con Agua, der FC St. Pauli und insgesamt 250 Ehrenamtliche machen es möglich.

Von Donnerstag bis Sonntag steigt zum neunten Mal dieses etwas andere Festival, das den Kunstbegriff ganz weit fasst: An vier Tagen sind nicht nur Street-Art und Musik sowie Film, Humor und Literatur zu erleben. Das Team lädt insbesondre zum Austausch, Miteinander und verantwortlichem Handeln. 17.000 Gäste besuchten im Vorjahr dieses divers pulsierende Happening. Rund 90.000 Euro kamen zusammen, um benachteiligte Regionen der Welt mit Trinkwasser zu versorgen. „Water is a human right“ (Wasser ist ein Menschenrecht) lautet passenderweise auch das diesjährige Motto der Millerntor Gallery.

2019 fließen die Erlöse aus Kunst- und Ticketverkauf sowie Spenden in das Projekt Oratta, das die Provinzen Cabo Delgado und Nampula in Mosambik mit Wasser und Sanitäranlagen versorgt. Diesen zutiefst humanistischen Ansatz greifen viele der mehr als 90 ausstellenden Künstler in ihren Arbeiten auf. Mari Pavanelli aus Sao Paulo etwa betont in ihren ausdrucksstarken Bildern die Nähe des Menschen zur Natur. Starke Frauenfiguren und wild wuchernde Pflanzen prägen ihre Wandgemälde.

Die Hamburgerin Stefanie Thiele wiederum kontrastiert das Chaos dieser Tage mit äußerst geradliniger Kunst: Immer und immer wieder malt sie kleine Quadrate in unterschiedlichen Farben, bis aus diesen Miniaturen ein großes Gesamtwerk entsteht. Eine Prozess, der veranschaulichen soll, wie jede noch so winzige individuelle Tat das Weltgeschehen – zum Positiven – beeinflussen kann.

Die optimistisch aufgeladene Reizüberflutung namens Millerntor Gallery bietet zusätzlich zum Kunstgenuss ein prall gefülltes Kultur- und Bildungsprogramm mit Lesungen, Talks, Präsentationen, Führungen, Stand-up-Comedy, Kino und Konzerten. Zahlreiche Bands und DJ-Teams sorgen für Groove und Flow im Galerie-Getümmel. Zu hören und zu sehen ist am Sonnabendabend etwa die Hamburger Sängerin Onejiru, die mit viel Soul, Funk und Afro-Beats eine grenzüberschreitende Atmosphäre im besten Sinne erzeugt.