Robert Redford mag nicht mehr. Sein neuester Film soll, so hat der mittlerweile 82 Jahre alte Altstar bekannt gegeben, sein letzter sein. Nach 59 Jahren im Business soll Schluss sein mit der Schauspielerei. Aber ein wenig hoffen kann man doch. Denn in „Ein Gauner & Gentleman“ spielt RR – wie wir ihn der Kürze halber, aber voller Respekt nennen wollen – einen Mann, der es einfach nicht lassen kann. Der es eigentlich nicht nötig hätte und sich aufs Altenteil zurückziehen könnte. Der aber seiner Profession weiter mit Leidenschaft nachgeht. Nur ist die Profession dieser Figur nicht ganz so ehrenhaft wie die des Schauspielers: Forrest Tucker ist Bankräuber.

Er tut das sehr gekonnt. Immer elegant gekleidet und mit Charme. Nie fließt Blut, höchstens Tränen. Die Bankangestellten, die er auf seiner Raubtour quer durch die USA überfällt, schwärmen stets, wie höflich er gewesen sei. Ein echter Gentleman. Tucker fährt nach jedem Coup entspannt in seiner Klapperkiste davon, hält sogar an, um einer älteren Frau bei einer Autopanne zu helfen. Und die Polizei rast an ihm vorbei. Keiner würde einem so alten Herrn, noch dazu mit Hörgerät, so etwas zutrauen.

„Ein Gauner & Gentleman“ ist das, was man eine Räuberpistole nennt. Ein Gaunerfilm also, bei dem man wider jedes Rechtsverständnis immer aufseiten des Täters ist, auch wenn der durchaus egoistisch handelt. Ein wenig nostalgisch denkt man auch an „Butch Cassidy & the Sundance Kid“, der Film, der RRs Karriere vor genau 50 Jahren entscheidend vorangebracht hat und in dem er und Paul Newman sympathische Ganoven spielten. Man wird dann allerdings auch wehmütig: Ein Paul Newman fehlt im aktuellen Fall sehr.

David Lowerys Film ist ein typisches Star-Vehikel. Nur dazu gemacht, den Hauptdarsteller glänzen zu lassen. Auch wenn der Film auf dem authentischen Fall des als Fluchtkünstler bekannt gewordenen Tucker beruht, der den Großteil seines Lebens in Gefängnissen verbrachte, aber 18-mal ausbrechen konnte, einmal sogar von Alcatraz.

Casey Affleck sieht selbst ein wenig so aus wie der junge Robert Redford

Die Akte im Film ist dick, immer wieder sieht man Fotos des jungen RR, da wird man erneut wehmütig. Dass Pferdereiten auf seiner Liste von Dingen steht, die er noch mal tun möchte, lässt einen sowohl an „Jeremiah Johnson“ als auch an „Der Pferdeflüsterer“ denken. Und vielleicht ist es auch kein Zufall, dass Casey Affleck den Polizisten spielt, der den Gauner verfolgt: Affleck sieht selber ein wenig aus wie der junge Redford. So wird diese Verfolgung auch zu einer Art Vater-Sohn-Ding.

Es ist nicht ohne Ironie, dass Clint Eastwood mit „The Mule“ kürzlich einen Film mit ganz ähnlichem Thema und ganz ähnlicher Dramaturgie herausbrachte. Im Direktvergleich schneidet „Ein Gentleman & Gauner“ allerdings deutlich besser ab. Was sicher daran liegt, dass so ein Gentlemangauner, der die Beute gar nicht nötig hat und zu den anderen Batzen Geld in seinem Versteck legt, einfach sympathischer wirkt als ein Mann, der sich der Mafia als Drogenkurier andient und dem es egal ist, was Drogen bei Süchtigen anrichten.

Außerdem entspinnt sich aus der besagten Autopanne der Dame (Sissy Spacek) eine hübsche Liebesgeschichte für ältere Semester. Wobei der Gentlemangauner auch kein Hehl aus seiner Profession macht, die Umgarnte aber an einen Scherz glaubt.

Und doch: Trotz aller sympathischer Ideen bleibt „Ein Gauner & Gentleman“ doch filmisch ein Seniorenteller. Robert Redford hätte einen stärkeren Abgang verdient. Wie „All is Lost“ (2013) etwa, wo er ganz allein und ohne Worte einen Überlebenskampf auf hoher See führte. Oder auch „The Return of the First Avenger“ (2014), sein erster Blockbuster, den er mit 77 drehte. „Ein Gauner & Gentleman“ ist dagegen eine eher magere Beute, die man halt ins Versteck zu den anderen Erträgen legt. Hoffen wir, dass es auch Redford doch noch mal jucken wird mit der Filmerei.

„Ein Gauner & Gentleman“ USA 2018, 94 Min., ab 6 J., R: David Lowery, D: Robert Redford, Sissy Spacek, Casey Affleck, täglich im Astor, Koralle, Passage, UCI Mundsburg, Zeise; www.dcmworld.com