Film-Tipp

„Die Goldfische“: Krimineller Banker in der Behinderten-WG

| Lesedauer: 3 Minuten
Cordula Dieckmann
Passt doch: Rainman (Axel Stein), Laura (Jella Haase), Franzi (Luisa Wöllisch) und Eddy (Kida Khodr Ramadan, v. l.).

Passt doch: Rainman (Axel Stein), Laura (Jella Haase), Franzi (Luisa Wöllisch) und Eddy (Kida Khodr Ramadan, v. l.).

Foto: dpa

Alles, bloß kein Drama über das Leben mit Behinderung. Als der Regisseur und Drehbuchautor Alireza Golafshan beim Filmprojekt „Die Goldfische“ einstieg, reizte ihn vor allem, dass es eine Komödie werden sollte. Ein lustiger Film über Menschen, die so leben, denken und fühlen wie andere ohne Behinderung auch. Das ist geglückt.

Vergnüglich und warmherzig erzählt das rasante Leinwandabenteuer „Die Goldfische“ mit Tom Schilling und Jella Haase von einem Ausflug in die Schweiz, der im Chaos endet. An Bord eines alten, klapprigen Kleinbusses: die Bewohner einer Wohngemeinschaft von Behinderten und der Bankmanager Oliver, der seit einem Autounfall im Rollstuhl sitzt und kriminelle Pläne schmiedet. Erstmals spielt laut Produktion zudem eine junge Frau mit Downsyndrom eine Hauptrolle: Luisa Wöllisch aus der Nähe von München ist die WG-Bewohnerin Franzi, die auf der Reise endlich ihre Sehnsucht nach Glamour stillen will.

Dass dieses Abenteuer Wirklichkeit wird, dafür sorgt Oliver (Tom Schilling). Seit seinem Unfall ist der Banker in der Klinik und hadert mit seinem Schicksal als Querschnittsgelähmter. Nicht mal das WLAN funktioniert dort richtig. Nur in der Behinderten-WG „Die Goldfische“ ist der Empfang gut. Oliver wird Dauergast und freundet sich mit den Bewohnern und der Betreuerin Laura (Haase) an. Gleichzeitig überlegt er fieberhaft, wie er an sein Schwarzgeld kommen könnte, das er im Bankschließfach in der Schweiz versteckt hat. Vermeintlich großherzig organisiert er für seine neuen Freunde einen Ausflug nach Zürich, um auf dem Rückweg seine Million nach Deutschland schmuggeln zu können. „Keine Sau kontrolliert einen Bus voller Behinderter“, ist Oliver überzeugt. Womit er aber nicht gerechnet hat, sind die Eigenheiten seiner Mitreisenden, die den Kurztrip zum albtraumartigen, skurrilen Abenteuer werden lassen.

Es dauert, bis die Geschichte in Fahrt kommt. Oliver als Bankmanager, das wirkt ähnlich unbeholfen wie die Szenen, als Olivers Arbeitskollege Julius (Klaas Heufer-Umlauf) in der Klinik vorbeischaut. Doch dann tauchen die Bewohner der Goldfisch-WG auf und lassen die Schwerfälligkeiten vergessen.

Schilling verleiht seiner Figur eine herrliche Arroganz. Die Sozialpädagogin Laura durchschaut ihn und lässt ihn mit seinen Macho-Anmachsprüchen ins Leere laufen. Golafshan hat in seinem Kinodebüt viele wunderschöne Szenen vereint, lustig und innig, ohne die Charaktere oder deren Behinderungen lächerlich zu machen. So dürfen sich die Schauspieler austoben. Kida Khodr Ramadan („4 Blocks“) wittert als Pfleger Eddy das große Geld. Birgit Minichmayr spielt die blinde Magda, die ihren Zynismus mit Alkohol ertränkt. Und Axel Stein ist ein Autist mit dem Spitznamen Rainman. Er mag keinen Unfrieden und sagt: „Mach ma so, hamma kein Stress.“ Eine Entdeckung ist Luisa Wöllisch. Sie spielt die WG-Bewohnerin Franzi, die ebenso wie die Schauspielerin das Downsyndrom hat. In „Die Goldfische“ überzeugt sie durch ihre Begeisterung und ihren Humor, etwa wenn sie in Zürich ihre Vorliebe für teure Klamotten entdeckt und lässig sagt: „Ich scheiß auf innere Werte, ich will Glamour!“

„Die Goldfische“ D 2019, 111 Min., ab 12 J., R: Alireza Golafshan, D: Tom Schilling, Jella Haase, Luisa Wöllisch, täglich im Cinemaxx Dammtor/Harburg, Koralle, Studio, UCIs Mundsburg/Othmarschen Park,/Wandsbek, Zeise; www.diegoldfische.de

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