Johnny Borrell hat ganz schön frus­trierende Zeiten hinter sich. Nachdem es schon Anfang 2011 die erste größere Umbesetzung bei seiner Band Razorlight gegeben hat und er Carl Dalemo und Björn Ågren durch zwei neue Musiker ersetzt hatte, lief es nicht mehr so richtig rund bei den Brit-Poppern. Das lag sicher auch daran, dass Borrell allein die künstlerische Hoheit über seine Band haben wollte.

Eine Solokarriere nach der Auflösung von Razorlight war naheliegend. Doch das erste Soloalbum des ehemaligen Liber­tines-Bassisten floppte total. Niemand interessierte sich für die neuen Songs des Sängers und Gitarristen. Nicht einmal 600 Exemplare hatte er von seinem Album „Borrell 1“ in der ersten Woche verkauft, eine Platzierung in den Top 100 der britischen Charts war weit außer Reichweite. Auch die britischen Kritiker, die Razorlight sehr wohlwollend gegenübergestanden hatten, konnten mit seinen neuen Stücken wenig anfangen. „Zu viele Saxofon-Soli“ kommentierte zum Beispiel der „Observer“.

Doch im vergangenen Jahr tauchte Razorlight in neuer Besetzung überraschend wieder auf. David Sullivan Kaplan trommelt schon seit 2009 für Borrell, mit David Ellis (Gitarre) und Harry Deacon (Bass) komplettieren zwei neue Mitglieder die britische Combo. Ellis darf sogar gemeinsam mit dem Frontmann Songs für Razorlight schreiben. Es scheint, als habe Borrell endlich einen Partner gefunden, der ihn kreativ unterstützt. „Olympus Sleeping“ heißt das Album, das im vergangenen Spätsommer nach zehnjähriger Pause erschienen ist.

Razorlight macht darauf gitarrenlastige Musik, wie es sie eigentlich kaum noch gibt. Das Quartett knüpft an die früheren Songs an und klingt wie all die britischen Combos, die in den Nuller-Jahren mit ihrem Sound die Hitparaden und Festivals dominiert hatten wie die Kaiser Chiefs, Maximo Park oder Sunshine Underground. Mittlerweile scheint diese Musik etwas aus der Zeit gefallen, aber hat immer noch seine Freunde.

„Olympus Sleeping“ beginnt mit einem selbstironischen Spott, in dem der US-Kollege Adam Green bemerkt: „Dies ist das erste Razorlight-Album, dass nicht totaler Mist ist.“ Anschließend folgen zwölf starke Lieder, in der die Gitarren mit Tempo geschrammelt werden und Borrell zeigt, dass er zu den besten britischen Rocksängern gehört. Razorlight zeigen sich als Beat-Kapelle, die den Drei-Minuten-Song wiederentdeckt. Jede Nummer ist auf den Punkt gespielt. „Brighton Pier“ und „Carry Yourself“ erinnern mit den schnell geschlagenen hellen Gitarrenakkorden an die Libertines, bei denen Borrell sehr deutlich im Schatten von Pete Doherty und Carl Barat stand. Manchmal reichen Razorlight schon eineinhalb Minuten, um ordentlich Druck zu machen wie bei „Good Night“, das so gar nicht nach Gute-Nacht-Lied klingt, sondern wie eine Nummer zum Sich-Austoben.

Das dürfte auch Programm sein, wenn Razorlight am 13. Februar ins
Gruenspan kommt. Freunde des Brit-Pop können sich auf die geglückte Wiederkehr einer Band freuen, die fast in Vergessenheit geraten war.

Razorlight, Calva Louise Mi 13.2., 20.00, Gruenspan (S Reeperbahn), Große Freiheit 58, Karten zu 35,45 im Vorverkauf; www.razorlightofficial.com