Der Welt zuhören, um sie zu verstehen, aber auch die richtigen Worte finden, um sie zu beschreiben – diese Gedanken stehen hinter dem diesjährigen Motto des zehnten Thalia-Festivals „Um alles in der Welt – Lessingtage 2019“. Es lautet: „Hear Wor(l)d!“ Vom 18. Januar bis zum 3. Fe­bruar laden wieder zahlreiche internationale Gastspiele, aber auch Eigenproduktionen, Rundgänge und Gespräche dazu ein, Spuren Gotthold Ephraim Lessings und seiner Ideen von Aufklärung und Toleranz in der Welt des Theaters zu finden.

Das Motto ist die Abwandlung eines Gastspiel-Titels. In der Europapremiere von „Hear Word!“ (21./22.1., jew. 20 Uhr, Thalia Theater) der nigerianischen Theatermacherin Ifeoma Fafunwa und ihrer Kompanie iOpenEye erzählen zehn Performerinnen von den Herausforderungen, sich in der traditionell patriarchalisch aufgebauten Gesellschaft Nigerias zu behaupten.

Sie berichten von ihrem Alltag, von den Hindernissen und Hürden, auf die sie dabei treffen, von Familie und Arbeitswelt. Doch der Abend bleibt nicht bei einem Beklagen von Zuständen stehen. In einem zweiten Teil erzählen die Performerinnen, wie sie für schwierige Lebenslagen Lösungen gefunden haben. Ifeoma Fafunwa, die den Text aus Erzählungen der Akteurinnen und aus weiteren Quellen montiert hat, will die Frauen in der emanzipierten Theaterarbeit aus der Opferrolle holen und über Ungleichheit aufklären. Der Bedarf ist groß: Nichtwissen und schlechte Schulbildung sind nach 40 Jahren Korruption in Nigeria Alltag.

Ebenfalls von Selbstermächtigung im postkolonialen Afrika erzählt die Europapremiere von „Les Bonnes/Die Zofen“ (20./21.1., jew. 20 Uhr, Thalia Gaußstraße) der Compagnie Dumanié. Gemeinsam mit ihrer Regisseurin Souleymane Sow adaptieren die Schauspielerinnen den Klassiker von Jean Genet auf unkonventionelle Weise. Die beiden Hausmädchen Claire und Solange arbeiten für die gnädige Frau. Bald entwickeln sie Rollenspiele, die in einen Mordplan münden, der allerdings anders verläuft als geplant.

Außer diesem afrikanischen Schwerpunkt lädt mit „Who is Happy in Russia“ (24.1., 19.30 Uhr, 25.1., 19 Uhr, Thalia Theater) ein Gastspiel des unter Hausarrest stehenden Moskauer Theatermachers Kirill­ Serebrennikov zur Entdeckung der russischen Wirklichkeit ein. Erzählt wird der gleichnamige Literaturklassiker von Nikolai Nekrassov.

Auch zahlreiche in Deutschland arbeitende Künstler sind vertreten. So zeigt Regisseur Sebastian Nübling „Die Hamletmaschine“ (Di 29.1., 20 Uhr, Thalia Gaußstraße) von Heiner Müller als clownesken Horror-Slapstick mit den syrischen, palästinensischen, afghanischen und saudi-arabischen Darstellern des Exil Ensembles. Am Theater an der Ruhr in Mülheim ist das Collective Ma’louba derzeit Residenzkünstler. Die syrisch und arabischsprachigen Mitglieder erzählen in „Your Love Is Fire“ am 30.1. (20 Uhr) im Thalia Gaußstraße von Liebe, Flucht und Ankommen im Exil.

„Um alles in der Welt – Lessingtage 2019“ 18.1.–3.2., Thalia Theater (U/S Jungfernstieg), Alstertor + Thaiia in der Gaußstraße (Bus 2), Gaußstraße 190, Karten zu 8,- bis 74,- unter
T. 32 81 44 44; www.thalia-theater.de/lessingtage