Sein Welterfolg mit „Sixth Sense“ (1999) liegt lange zurück. Seither hat der indisch-amerikanische Regisseur M. Night Shyamalan neun weitere Filme vorgelegt, die teils gut wegkamen („The Village“), teils gnadenlos verrissen wurden („Das Mädchen aus dem Wasser“). Und doch ist ihm Erstaunliches gelungen: Shyamalan hat entgegen der Häme, die über jemand ausgegossen wird, der seinen Zenit „zu früh“ erreicht hat, an einer ganz eigenen Handschrift festgehalten. Die nötigt auch denen Respekt ab, die der spezifischen Mischung aus Horror, Fantasie und Esoterik misstrauisch gegenüberstehen.

Mit dem Horrorthriller „Split“ ist Shyamalan zuletzt ein kleiner Genre-Hit gelungen. James McAvoy spielte darin einen Mann mit multipler Persönlichkeitsstörung und gleich 23 Identitäten. An diese Figur dockt Shyamalan nun ein Sequel an, das weniger Fortsetzung ist als vielmehr ein Meta-Werk über sein eigenes Schaffen. Zu McAvoys „die Horde“ genannte Figur gesellt er mit Bruce Willis’ David Dunn und Samuel L. Jacksons Mr. Glass hinzu, beide Figuren aus „Unbreakable“ (2000), in dem Shyamalan dem Superhelden-Genre Reverenz erwies.

Männer mit ihren übernatürlichen Kräften treffen in „Glass“ in einer geschlossenen Anstalt zusammen, in der eine Psychiaterin (Sarah Paulson) sich bemüht, sie zu überzeugen, dass sie ganz „normale“ Männer mit „normalen“ mentalen Störungen seien. Die außerordentlichen Ressourcen, die für ihre Festsetzung aufgewendet werden, weisen darauf hin, dass ihr nur bedingt zu trauen ist. In Wendungen, die den Nichteingeweihten wohl hanebüchen, den Fans aber völlig logisch erscheinen, erweist sich „Glass“ als komplexe Abhandlung über die typisch männlichen Dilemmata der Su­perkräfte und der Verantwortung, die mit ihnen kommt – wobei diese durchaus eine Metapher aufs Filmemachen darstellen.

„Glass“ USA 2019, 129 Min., o. A., R: M. Night Shyalaman, D: Bruce Willis, James McAvoy, Samuel L. Jackson, Sarah Paulson, täglich im Cinemaxx Dammtor/Harburg/Wandsbek, Savoy (OF), UCIs Mundsburg/Othmarschen Park/Wandsbek