Auch wenn man mit dem Begriff vorsichtig umgehen soll: „Dinner For One“ ist Kult. Und ein Phänomen. Als TV-Sketch mit Freddie Frinton und May Warden ist die Nummer seit Jahren fester Bestandteil des Silvester-Programms. Aber es geht auch anders, und das ist gut so, denn jede Dinner-Speisekarte braucht etwas Abwechslung.

Das First Stage Theater zeigt das Stück im dritten Jahr in Folge als „beschwipste Musicalkomödie“. Interpretiert wird das Abendessen vom Comedy-Duo Pajette. Das sind Henriette Grawwert und Daniel Pabst, die sich der Nummer gleich schon einmal mit einem Rollentausch annähern. Grawwert spielt den Butler James, während Pabst das Geburtstagskind Miss Sophie gibt.

Und während man im TV-Sketch die Dialoge längst mitsprechen kann, ist dieses Dinner doch in mehrfacher Hinsicht ein Omelette Surprise. Natürlich wird wieder aufgetischt und eingeschenkt, aber Miss Sophie fängt plötzlich an, die Speisen zu bewerten wie eine Eiskunstlauf-Kampfrichterin. Zwar hat das Duo nicht auf das obligatorische Raubtierfell als Requisite verzichtet, aber dann bekommt Miss Sophie von ihrem Schellfisch beinahe eine Fischvergiftung. In Akt zwei muss sich die alte Dame erst einmal neu schminken. Und es wird gesungen. Zu „Griechischer Wein“ deutet James einen Sirtaki an. Sophie hält mit „My Baby Just Cares For Me“ dagegen. Recht überraschend ist auch James’ Heiratsantrag an seine Gastgeberin, den er mit „Er gehört zu mir“ untermalt, bevor Sophie am Ende Frank Sinatras Klassiker „My Way“ schmettert, weil es darin passend zur Völlerei heißt „I ate it up and spit it out“ (Ich aß es auf und spuckte es aus).

Und wo kommt es her? Peter Frankenfeld und NDR-Redakteur Heinz Dunkhase sahen das Stück in Blackpool auf der Bühne. Sie holten Frinton und Warden nach Deutschland und ließen sie den Sketch 1963 in der Sendung „Guten Abend, Peter Frankenfeld“ spielen. Später wiederholten die Briten die Nummer vor Publikum und laufenden Kameras im Theater am Besenbinderhof. Zunächst lief die Aufzeichnung in unregelmäßigen Abständen in der ARD und im NDR und verschwand dann erst einmal im Archiv. Erst 1972 holte NDR-Unterhaltungschef Henri Regnier sie dort wieder heraus und ließ sie im Silvesterprogramm laufen. Seitdem ist sie von diesem Sendeplatz nicht mehr wegzudenken, wird an dem Tag mehrfach von der ARD und den dritten Programmen gezeigt und bekam 1988 einen Eintrag ins „Guinness Buch der Rekorde“ als „weltweit am häufigsten wiederholte Fernsehproduktion“.

Der Sketch avancierte zum Exportschlager und konnte nach Dänemark, Finnland, Schweden, Südafrika, Grönland, Estland, Australien, Luxemburg und auf die Färöer verkauft werden. Der Erfolg hat aber auch andere Künstler angezogen wie Licht die Motten. Es entstanden Versionen auf Platt und Kölsch. In Dänemark drehte man eine Parodie unter dem Titel „Der achtzigste Geburtstag“, bei dem Miss Sophies Gäste noch leben. In „TV total“ lief eine Fassung mit Bully Herbig als James, Thomas Hermanns als Sophie und Elton als Tigerfell sowie mit Erkan und Stefan, Titel: „Döner For One“.

„Dinner For One“ Sa/So 29./30.12., 15.30 + 19.30, First Stage Theater (S Königstraße, Bus 112), Thedestr. 15, Karten ab 19,- unter T. 40 113 27 27; firststagehamburg.de „Dinner For One“ im TV: Mo 31.12., 15.40, Di 1.1., 1.00 (ARD); Mo 31.12., 15.35, 19.40, 23.35 (NDR)