Seit 40 Jahren wird in Deutschland gepunkt, was die Dosenbier-Regale hergeben, und abgesehen von den Skandalen um die mehr oder weniger verbotenen Lieder der Hamburger Polit-Punk-Pioniere Slime (22. Dezember, Große Freiheit 36) oder die mehr oder weniger verbotenen Lieder der besten Band der Welt – Die Ärzte – in den 80er-Jahren hat das auch lange Zeit keinen mehr gestört und nur die vielen Fans von Punkrock, Saufpunk, Skater-Punk, Hardcore-Punk, Ska-Punk und Punk-Pop interessiert.

Doch nun sind wir im Jahr 2018. Plötzlich sind Bands wie Feine Sahne Fischfilet, die sich in ihrer Haltung und Musik nicht von den Urvätern unterscheiden, wieder subversiv, gefährlich, staatsgefährdend und vom politischen rechten Außenrand bis in die bürgerliche Mitte hin­ein polarisierend. Wenn das so weitergeht, sind sogar Die Toten Hosen bald wieder brisanter Punkrock.

Womit wir bei Abstürzende Brieftauben wären. Das 1983 von Konrad Kittner (Gesang und Schlagzeug) und Mirco „Micro“ Bogumil (Gesang und Gitarre) in Hannover gegründete Duo war in den 80er-Jahren nicht nur das optisch und lyrisch Bunteste, was der Fun-Punk zu bieten hatte, sondern auch eine der kommerziell erfolgreichsten Randerscheinungen nach der Neuen Deutschen Welle. Eine Art Klammer zwischen Ärzten und Toten Hosen, wobei es nur ein Zufall ist, dass der Song „Im Strandbad“ aus heutiger Sicht die Themen Bademeister (Ärzte) und Jägermeister (Hosen) kombiniert. Ein echter Klassiker der Band.

Im Jahr 1997, einem Krisenjahr des Deutschpunks, lösten sich nicht nur die Göttinger ZSK, sondern auch die Abstürzenden Brieftauben auf. 2006 starb Konrad Kittner im Alter von 44 Jahren an Herzversagen. Aber: „Heute doof und morgen doof“, „Doofgesagte leben länger“ und „Ein Blödmann kommt selten allein“ sind nicht nur als Song- und Albumtitel drei tragende Säulen der Tauben-Philosophie. 2013 ließ Micro die Brieftauben wieder auffliegen, am 10. Dezember kommt er mit Norm Anderspunk am Schlagzeug ins Knust. Und auch diese altgediente Punk-Band versteht nicht immer nur Spaß: Der 2016 erschienene erste neue Song seit 23 Jahren hieß „Nie wieder Pegida“.

Abstürzende Brieftauben, Narcolaptic Mo 10.12., 21.00, Knust (U Feldstraße), Neuer Kamp 30, Karten zu 21,25 im Vorverkauf;www.abstuerzendebrieftauben.de