„Medea“ zählt zu den beliebten und oft gespielten Theaterstoffen. Die Urfassung des antiken Dichters Euripides ist dabei nicht immer gefragt. Wenn Regisseurin Jette Steckel vom 20. Oktober an im Thalia Theater mit „Medea und Jason“ ihre Version des Stoffes erzählt, orientiert sie sich an der Fassung Franz Grillparzers.

Im Mythos ist Medea sowohl Retterin als auch grausame Rächerin der Antike. Aus Liebe hat die Königstochter Medea ihren Vater, den König von Kolchis, verraten und Jason geholfen, das mit Wunderkräften belegte Goldene Vlies zu rauben. Jason flieht mit ihr nach Korinth, wo König Kreon den beiden Asyl gewährt. Kinder entstehen. Doch in der Fremde fürchtet Kreon die Macht der fremden Zauberin, schätzt umgekehrt Jason und begehrt ihn als Schwiegersohn für seine Tochter Kreusa. Das Drama der Rache der verstoßenen Medea beginnt. Gipfelnd in einer unfassbaren Tat: dem Mord an den eigenen Kindern.

„Medea zieht die extremste Konsequenz aus Inkonsequenz, von der ich je gehört habe“, erzählt Jette Steckel, „auf der einen Seite entwickelt man Empathie für die Figur, auf der anderen Seite ist sie eine starke Provokation.“

Der Euripides-Text beginnt eigentlich bei dem zerrütteten Ehepaar und der Rachetat. Grillparzer erzählt die Vorgeschichte der beiden, die Steckel bei ihrer Inszenierung wichtig ist. „Man hat die Möglichkeit mitzuerleben, warum sie sich schuldig gemacht hat, was die beiden gemeinsam erlebt haben, was sie sich versprochen haben“, sagt Jette Steckel. Das erlaube ihr, sich als Regisseurin anders in die Geschichte hineinzubegeben. Gleiches gilt natürlich auch für die Zuschauer.

Eine extreme Geschichte von Beziehung, Flucht und Migration

„Es ist einerseits die extremste Beziehungsgeschichte, die ich kenne. Auf der anderen Seite ist es eine Geschichte von Flucht und Migration“, erläutert die Regisseurin. „Über Prinzipien der Ausgrenzung, Entfremdung und der Grenzziehung im Mikrokosmos der Beziehung einerseits und im Makrokosmos der Politik andererseits.“ Kreon sieht in Medea die potenzielle Gefährdung des Staates, also schiebt er sie sozusagen ab. Während er Jason in Korinth Asyl gewährt und ihn in die Zukunft des Landes einbinden will.

Die Rolle der Medea sorgt immer auch für starke Schauspielmomente auf der Bühne. Sie bekennt, dass die Leidenschaft mächtiger als die Einsicht und zugleich Ursache des größten Fluchs der Welt sei. In Steckels Fassung wird Maja Schöne, die sich zu einer vielschichtigen Protagonistin und Tragödin entwickelt hat, Medea verkörpern. Die Figur des Jason, eines durchaus zweischneidigen Charakters, übernimmt André Szyman­ski. Irgendwann hat es sich im Probenprozess ergeben, die Geschichte nur mit zwei Figuren zu erzählen. Es könnte ein packendes Duell werden.

Als weiteres Mittel setzt Steckel wie gewohnt Popmusik ein. So wird das Spie­lerduo­ gespiegelt von einem Musikerduo aus der bekannten Theatermusikerin Friederike Bernhardt und ihrem musikalischen Partner.

„Medea und Jason“ So 21.10., 19 Uhr, 17.11., 20 Uhr, 24.11., 15 Uhr, 25.11., 13.30 Uhr, Thalia Theater (U/S Jungfernstieg), Alstertor, Karten zu 7,50 bis 38 Euro unter T. 32 81 44 44