Strafe ja, so hart wie möglich. An Läuterung, Resozialisierung ist dagegen nicht gedacht. „Frankreich hat euch verstoßen“, wird den Schwerverbrechern bei ihrer Verurteilung klargemacht. Sie werden in die südamerikanische Kolonie Französisch-Guyana verschifft. Und sollen auch nach der Verbüßung ihrer Strafe, sollten sie diese denn überleben, bitte nicht wieder zurückkehren. Die Bedingungen in der Strafkolonie St. Laurent sind grausam: unmenschliche Zwangsarbeit, bestialischer Hunger, die Willkür sadistischer Wärter und drakonische Strafen. „Euch am Leben zu erhalten, bringt keinen Nutzen“, wird den Insassen dort zynisch bekundet, „euch sterben zu lassen, ist kein Verlust.“

Einer hat diese Hölle überlebt und ist doch zurückgekehrt. Henri Charrière hat über seine Gefangenschaft dort sein schonungsloses Buch „Papillon“ geschrieben, das 1969 zum Bestseller wurde und eine schockierte Welt auf die menschenverachtenden Strafvollzugsmethoden aufmerksam machte. Noch populärer wurde der Stoff durch seine Verfilmung in Charrières Sterbejahr 1973.

An diesem Donnerstag kommt nun fast ein halbes Jahrhundert später eine neue Filmversion ins Kino. Und muss sich den Vergleich mit dem Erstling gefallen lassen. Der ist längst zum Klassiker geworden – wegen des auf Männerkino abonnierten Regieveteranen Franklin J. Schaffner und seiner Stars Steve McQueen und Dustin Hoffman. Regie führte diesmal der dänische Regisseur Michael Noer, der sich auf dem internationalen Markt erst noch behaupten muss und sich empfahl, weil schon sein Regiedebüt „R“ (2010) ein Gefängnisfilm war.

Noers mutige Herangehensweise war die, sich gar nicht erst an der Erstverfilmung zu orientieren. Schaffner hatte sich zahlreiche Freiheiten herausgenommen. Seine Version hält sich nicht nur enger an die Buchvorlage, sondern besinnt sich auch auf Charrières zweites Buch „Banco“, in dem er seine Lebensgeschichte fortsetzte. Dass die Titelrolle mit Charlie Hunnam deutlich jünger besetzt ist als bei McQueen, ist nicht dem grassierenden Jugendwahn in Hollywood geschuldet, sondern entspricht ebenfalls eher Charrières Alter zu Beginn der Geschichte.

Neu und detaillierter wird dann dessen Vorgeschichte erzählt. Wie Charrière, wegen einer Schmetterlingstätowierung auf der Brust von allen nur „Papillon“ genannt wird, sich im Paris von 1931 als Juwelendieb und Tresorknacker verdingt, ihm dann aber ein Mord untergeschoben wird, den er nicht begangen hat. Noch während der Deportation über das große Meer sinnt er über einen Fluchtplan nach. Dazu aber braucht er Geld. Davon reichlich hat der elegante, weichliche Wertpapierfälscher Louis Dega (Rami Malek).

Dessen Überlebenschancen unter den Verbrechern sind gleich null, deshalb bietet sich Papillon als Beschützer an. Ein reiner Zweckdeal zweier Männer, die sich zuerst unsympathisch, aber aufeinander angewiesen sind. Und die schließlich unter all den Entbehrungen, die sie erleiden, und all den Bestrafungen, die auf ihre Fluchtversuche folgen, zu echten Freunden werden. Weil ihre Freundschaft das Einzige ist, was sie, selbst in Isolations-, ja sogar Dunkelhaft am Leben erhält.

Vielleicht war es klug, keine Stars der ersten Garde zu besetzen, vielleicht hätte sich auch keiner gefunden, der es mit McQueen und Hoffman aufgenommen hätte. Hunnam und Malek wurden vor allem durch Serien populär, ersterer durch „Sons of Anarchy“, letzterer durch „Mr. Robot“, und erstreiten sich gerade größere Kinomeriten. Hunnam zuletzt mit „King Arthur“, Malek demnächst als Freddie Mercury in „Bohemian Rhapsody“. Beide geben in ihrer Darstellung alles, Hunnam soll sogar über Tage in Einzelhaft gehungert haben, um sich einzufühlen. Auch Noer unterläuft alle Genreklischees, und er erzählt nicht nur von Fluchtversuchen, sondern betont auch die Schattenseiten seiner Protagonisten.

Atmosphärisch aber bleibt der Film weit hinter dem Original zurück. Schaffner machte die mörderische Hitze des hoffnungslosen Orts drückend spürbar. Noer und sein deutscher Kameramann Hagen Bogdanski wählen dagegen meist kühle, ja unterkühlte Bilder, die den Zuschauer zuweilen kaltlassen. Auch der alte Film hatte seine Schwachpunkte. Wirklich gelungen aber wäre wohl eine Symbiose aus beiden Versionen.

„Papillon“ USA 2017, 132 Min., ab 12 J., R: Michael Noer, D: Charlie Hunnam, Rami Malek, Joel Basman, täglich im Cinemaxx Dammtor, UCI Othmarschen Park/Wandsbek; www.constantin-film.de/kino/papillon