Das Leben auf den Lofoten ist hart. Die meisten Menschen, die auf der norwegischen Inselgruppe leben, verdienen ihren Lebensunterhalt mit Fischfang oder in der Fischverarbeitung. Kari Bremnes, 1956 dort in dem Städtchen Svolvær geboren, wollte schon als Teenager weg aus der Einsamkeit der Inseln. Einmal am Tag nur kam das Postschiff der Hurtigruten, mit dem man in Richtung Süden aufbrechen kann. 1977 besteigt das junge Mädchen das Schiff und macht sich auf einen beschwerlichen und langen Weg, der es in die Hauptstadt Oslo bringt.

Kari experimentiert beruflich herum, nimmt Schauspielstunden, arbeitet in einer Psychiatrie, studiert Literatur und wird später Journalistin. Musik hat sie immer begleitet. Sie konnte Gitarre spielen, verehrte Künstler wie Joni Mitchell, Frank Zappa und Leonard Cohen, doch als Musikerin sah sie sich nicht. Erst als sie eine Radiosendung über die Dichterin
Tove Ditlefsen produziert, kommt ihr die Idee, deren vertonte Gedichte selbst zu singen. „Mitt Ville Hjerte“ heißt ihr erste Platte. Aufgenommen hat Kari Bremnes diese vor 31 Jahren.

Inzwischen sind 16 weitere Alben dieser großartigen Sängerin erschienen. Kari Bremnes’ Songs handeln von der Sehnsucht nach Aufbruch, ein Gefühl, das sie sehr gut kennt. Ihre zarten Lieder beschreiben aber auch die weitgehend unberührte Natur, erzählen von wilden Stürmen, von außergewöhnlichen Lebens­geschichten und von langen Wintern. Monatelang zeigt sich auf den Lofoten die Sonne kaum, vier Wochen lang im Winter geht sie gar nicht auf. „Aber es gibt das Nordlicht und den reflektierenden Schnee. Es glitzert wie eine Juwelenbox“, erzählt die Sängerin. Sie beschreibt die Dunkelheit und die langen Winter mit solcher Begeisterung, als wäre sie Agentin eines Tourismusbüros.

Wie kaum eine andere Künstlerin verkörpert „die norwegische Joni Mitchell“ das Songwriting des modernen Skandinaviens. Ihre Alben tragen so poetische Titel wie „Mondstein“, „Schwarze Bärin“ und „Mein wildes Herz“. Auch auf ihrem jüngsten Werk „Det vi har“ (Was wir haben) lassen sich die klare Luft, die weiten Panoramen und die manchmal unwirkliche Stille und unheimliche Einsamkeit ihrer nordischen Heimat entdecken – übersetzt in flirrende, kristallklare Klänge und kraftvolle Verse. Aber sie kann auch anders: Auf der EP „Voggesanger fra ondskapens akse“ (Wiegenlieder von der Achse des Bösen) sang sie 2003 zusammen mit der Schwedin Eva Dahlgren und der Dänin Annisette Koppel Lieder aus dem Iran, dem Irak und Palästina.

Bei ihren Konzerten lauschen die Fans gebannt dieser Melange aus arktischem Folk, sanftem Pop und Spuren­elementen aus Jazz. Die meisten Zuhörer in ihren Konzerten verstehen ihre Texte nicht, denn Kari Bremnes singt auf Norwegisch. Doch dieses scheinbare Handicap auf deutschen Bühnen gleicht die Sängerin am 3. Mai im Gruenspan mit dem dunklen Timbre durch ihre charmanten Moderationen und Erklärungen aus. Nach diesen kleinen Geschichten rund um ihre Lyrik kann jeder Zuhörer erfühlen, wovon sie singt. Und sich ganz ihrer betörenden Stimme mit dem dunklen Timbre hingeben.

Kari Bremnes Do 3.5., 20.00, Gruenspan (S Reeperbahn), Große Freiheit 58, Karten 35,-; www.karibremnes.no