Wow, was für ein Auftakt! Das neue Jahr hat gerade erst begonnen, da startet mit „Greatest Showman“ ein Film, der schon jetzt zu einem der schönsten des Jahres gezählt werden darf. Ein hinreißendes, mitreißendes Musical. Und noch dazu eins der wenigen Originalmusicals seit Dekaden – also eins, das nicht auf einem erfolgreichen Bühnenmusical basiert, sondern eigens für den Film geschrieben und komponiert wurde. „Moment mal“, mögen Sie einwenden, „gab es da nicht erst vor einem Jahr den preisgekrönten ,La La Land‘“? Schon recht. Und der dürfte dem Filmmusical, das es von allen Kinogenres von jeher am schwersten hat, neuen Auftrieb beschert haben.

Aber mal ehrlich: In „La La Land“ wurden immer nur dieselben zwei Melodien endlos wiederholt. Und die Darsteller konnten weder tanzen noch singen. In „Greatest Showman“ dagegen singen Hugh Jackman, Zac Efron und das ganze Ensemble selbst. Sie tanzen dazu in packenden Choreografien. Und die Komponisten Benji Pasek und Justin Paul haben dazu veritable Hits geschrieben, deren Rhythmus ins Blut geht und deren Melodien man noch mitsummt, lange nachdem man aus dem Kino gegangen ist.

Was beide Filme aber gemeinsam haben, ist die Tatsache, dass sie sich mit dem Showbusiness im weitesten Sinn beschäftigen. „La La Land“ spielte im heutigen Los Angeles und handelte von den Träumen einer Schauspielerin und eines Musikers. „Greatest Showman“ spielt im New York der 1840er-Jahre und handelt von der historischen Figur P.T. Barnum. Einem, nun ja, Schwindler und Betrüger, aber auch kühnen Unternehmer, Zirkusdirektor, Erfinder des Startums, der Werbung und des Marketing, kurz: so etwas wie der Urvater des Showbiz, wie wir es heute kennen.

Das Debüt des Filmneulings Michael Gracey ist erst mal die klassische, ur­amerikanische Geschichte von einem, der seinen Traum verwirklichen will und es aus ärmsten Verhältnissen bis ganz nach oben bringt. Und es ist ein Hohelied auf die Liebe. Denn Barnum, Sohn eines kleinen Schneiderleins, verliebt sich schon als Kind in die Tochter eines Reichen. Und auch wenn sie ihn zurückliebt und dabei auf alle sozialen Unterschiede pfeift, will er ihr genau das Leben mit dem Luxus bieten, das sie gewohnt war. Es reicht erst mal nur zu einer Bürotätigkeit und einer ärmlichen Behausung. Aber ein einfacher Kameraschwenk von seinem tristen Bürohaus zu einem Friedhof daneben reicht, um zu wissen: Das kann es für diesen Mann nicht gewesen sein.

Er will die Leute, arme Leute wie er selbst, unterhalten. Mietet sich ein Museum und stellt dort allerlei Kuriositäten und Wachsfiguren aus. Der Erfolg lässt sehr auf sich warten. Bis seine Töchter meinen, es gebe da zu viel Totes, es brauche etwas Lebendiges. Da fällt der Groschen. Barnum sucht landesweit nach Menschen, die nicht der Norm entsprechen und als Freaks verspottet werden: Zwerge, Riesen, bärtige Frauen, siamesische Zwillinge, Albinos. Und gründet mit ihnen eine Sensationen-Show.

Ursprünglich ging es den Filmemachern vor allem um diese Grundgeschichte: Verwirkliche deinen Traum. Aber dann wurde kurz vor Drehbeginn Donald Trump US-Präsident. Und obwohl der Film ein gänzlich historischer ist, wirkte sich das aus. Da Trump damit schockte, Minderheiten auszugrenzen, machte Hollywood mobil und warb für ein anderes, tolerantes, das wahre Amerika. Das wurde nun auch zum eigentlichen Kern dieses Musicals. Barnum macht seinen „Freaks“ Mut, zu sich selbst zu stehen. Eine klare Botschaft für eine offenere Gesellschaft, für mehr Diversität. Der großartigste Song ist denn auch „This is Me“, angestimmt von der bärtigen Frau, in den alle „Freaks“ mit einstimmen.

„Greatest Showman“ ist in der Tat eine großartige Show. Mit spektakulären Bildern, eingehenden Songs und packenden Choreografien, bei denen auch Laken auf der Wäscheleine oder sogar Elefanten in der Manege im Takt mittanzen. Die Computer-Animation macht’s möglich, aber das wird wie nebenbei gezeigt. Das Musical verliert sich nicht in Effekten, sondern bleibt ganz nah an seinen Figuren, allen voran Zac Efron als Barnums Juniorpartner und vor allem Hugh Jackman, der den Film auch mitproduziert hat und hier seinen ersten spektakulären Auftritt nach seinem selbstgewählten Aus als Comic-Figur Wolverine absolviert.

„Greatest Showman“ USA 2017, 105 Min., ab 6 J., R: Michael Gracey, D: Hugh Jackman, Zac Efron, Michelle Williams, Rebecca Ferguson, täglich im Abaton (OmU), Cinemaxx Dammtor/Harburg, Hansa, Koralle, Passage, Savoy (OF), Studio (OmU), UCI Mundsburg/ Othmarschen/Wandsbek; www.fox.de/greatest-showman