Man nennt es Idylle: grüne Wiesen, verschneite Hänge, verstreute Häuschen. Hierher, in die gebirgige Südwestecke Polens, hat sich in Agnieszka Hollands Romanverfilmung nach einer Vorlage von Olga Tokarczuk die ehemalige Ingenieurin Janina Duszejko (Agnieszka Mandat-Grabka) für ihren Altersruhestand zurückgezogen. Mit ungefärbten Haaren, betont praktischer Kleidung und zwei Hunden geht die ältere Frau ihrem selbstgenügsamen Alltag nach. Man meint ihr anzusehen, dass sie es längst aufgegeben hat, sich darum zu scheren, was andere von ihr halten. Der Preis dieser Unabhängigkeit ist allerdings, dass ihre Umgebung umgekehrt nur wenig darauf gibt, was sie zu sagen hat. Ihre Proteste gegen die in der Gegend aktiven Wilderer verhallen. Dann verschwinden ihre Hunde, und Duszejko hat allen Grund zu glauben, dass sie ermordet wurden. Doch niemand will sich mit ihrem Verdacht befassen, denn gleichzeitig kommt es zu einer Serie mysteriöser Todesfälle. Die Opfer sind allesamt Jäger, wie sich bald herausstellt.

Den Kontrast von provinzieller Idylle und rätselhaftem Verbrechen kehrt der Film mit seiner Heldin gleichsam gegen den Strich. Duszejko, von Agnieszka Mandat-Grabka mit irritierendem und gleichzeitig faszinierendem Eigensinn gespielt, erscheint zwar wie das Klischee der naturverbundenen Frau. Aber in Wahrheit ist sie das störende Element in einer Gemeinschaft, die ihre traditionellen Praktiken für völlig „natürlich“ hält.

„Die Spur“ P 2017, 128 Min., ab 12 J., R: Agnieszka Holland, D: Agnieszka Mandat, Wiktor Zborowski, Miroslav Krobot, täglich im 3001