Die französische Regisseurin Claire Denis steht eigentlich für jene Sorte europäisches Arthouse-Kino, das in den letzten Jahren dem Gefühl nach zunehmend verdrängt wird von einfacher Komödienware. Ihre Filme „Beau travail“ oder „White Material“ waren sperrige Werke, die dem Mainstream mit fast arrogantem Eigensinn entgegenstanden. Aber nun klingt ihr neuester Film, „Meine schöne innere Sonne“, genau so, als hätte Denis selbst gewissermaßen klein beigegeben und doch tatsächlich eine „romantische Komödie“ gedreht: Juliette Binoche spielt Isabelle, eine geschiedene Frau in ihren Vierzigern, die auf der Suche nach der großen Liebe eine Enttäuschung nach der anderen erlebt. Man meint eigentlich genau zu wissen, wie der Film aussieht.

Aber es kommt anders. Oder besser gesagt: Das Genre fühlt sich in den Händen von Claire Denis anders an. Da ist zum einen die Deutlichkeit, mit der sexuelle Beziehungen als das gezeigt werden, was sie sind: sexuell. Sie macht bewusst, wie prüde selbst die „grobhumorigen“ amerikanischen Komödien in dieser Hinsicht noch sind. Und zum Zweiten ist da Juliette Binoche, die eine Frau verkörpert, die einfach in kein Schema passt. Ihre Isabelle kommt einerseits als sogenanntes Vollweib daher – tiefes Dekolleté, Miniröcke, sexy Overknee-Stiefelchen – lässt andererseits aber auch keinen Zweifel daran, dass sie ihr Leben voll im Griff hat. Ihre Suche nach dem richtigen Mann entspringt keiner Notlage, keiner Abhängigkeit, sondern einem tatsächlich romantischen Bedürfnis.

Wie es für das Genre typisch ist, springt Isabelle von Date zu Date, und alle verlaufen irgendwie unglücklich, aber auf je sehr verschiedene Weise. Mit dem arroganten Businesstypen (Xavier Beauvois) kann es nichts weiter werden, weil Isabelle ihn und seine Ansichten eigentlich verachtet. Was sie nicht daran hindert, gerade diese Verachtung als sexuell stimulierend zu erleben. Der junge Schauspieler (Nicolas Duvauchelle), mit dem sie der Zufall zusammenbringt, scheint zunächst vorbildlich sensibel, nervt dann aber bald durch seine selbstverliebte Unentschlossenheit. Ihr Galerist Fabrice (Bruno Podalydès) – Isabelle ist eine erfolgreiche Malerin, erfährt man eher nebenbei – schaut unterdessen mit eifersüchtigen Augen auf ihre beginnende Affäre mit dem sehr männlichen Marc (Alex Descas). Und mit ihrem Ex-Mann (Laurent Grévill) versteht sie sich seit der Trennung so gut, dass sich der Gedanke an ein „Revival“ fast aufdrängt.

Es hat etwas Irritierendes, in „Meine schöne innere Sonne“ die seit vielen Jahren vertrauten Muster der amerikanischen Liebeskomödie in einer anderen, viel weniger auf Harmonie setzenden Tonlage wiederholt zu sehen. Trotz seines optimistischen Titels ist „Meine schöne innere Sonne“ ein Film, der die Gemüter eher spalten wird. Nicht alle sind empfänglich für den spröden Reizes eines Films, der von der Sehnsucht nach Liebe erzählt und sich dabei eine zwar sehr melancholische, aber auch gesunde Skepsis bewahrt.

„Meine schöne innere Sonne“ F 2017, 94 Min., ab 12 J., R: Claire Denis, D: Juliette Binoche,
Gérard Depardieu, Xavier Beauvois, täglich im Abaton, Zeise; www.pandorafilm.de