Die Fans von „Star Wars“ müssen jetzt sehr stark sein. Wer auf keinen Fall wissen möchte, was im neuen Film passiert, der sollte nicht unbedingt weiterlesen. Aber so viel kann man vielleicht doch verraten, es passiert ja gleich zu Beginn: Als vor zwei Jahren die lang erwartete dritte „Star Wars“-Trilogie mit „Das Erwachen der Macht“ startete, da wurde eigentlich den gesamten Film über nach dem legendären Luke Skywalker (Mark Hamill) gesucht, dem letzten der Jedi-Ritter. Und die junge Waise Rey (Daisy Ridley) – die zur neuen Heldin wurde, quasi zur Skywalkerin der Next Generation –, sie hat ihn am Ende am so ziemlich äußersten Zipfel der Galaxie aufgestöbert. Und ihm sein altes Lichtschwert übergeben.

Genau da setzt „Die letzten Jedi“ – im „Star Wars“-Universum als Episode VIII katalogisiert – ein. Und man hätte eine Spiegelung von Episode V „Das Imperium schlägt zurück“ erwartet. Damals wurde Luke Skywalker vom schrulligen Meister Yoda zum Jedi-Ritter ausgebildet. Jetzt, so die Logik der Reihe, müsste Luke selbst den Yoda machen und die junge Heldin in die Jedi-Kunst einweisen. Aber was tut er stattdessen? Er wirft das Lichtschwert weg. Verschanzt sich in einem Steinbau, in dem er die letzten Dekaden wie ein Eremit gelebt hat. Und möchte von all dem Jedi-Kram nichts mehr wissen. Möge die Macht mit dir sein? Pustekuchen.

„Star Wars“ ist das erfolgreichste Franchise der Kinogeschichte. Bei dem, pardon, die Kuh immer wieder gemolken wird, bei dem das Interesse der alten Fans immer weiter geschürt und das der neuen angeheizt werden soll. Und da lässt man nun eigens einen der Helden vom Anfang antreten, der mit alldem nichts mehr zu tun haben will? Und das auch noch im Jubiläumsjahr, 40 Jahre nach dem ersten „Krieg der Sterne“-Abenteuer? Das ist, man kann es nicht anders sagen, mehr als mutig. Und die Macher des Films machen auch wirklich ernst damit. Luke Skywalker ist ein Zauderer, der damit hadert, was er mit seiner Kampfkunst alles angerichtet hat. Hamill ist somit ein Hamlet der Science-Fiction. Macht oder nicht Macht, das ist hier die Frage.

Es ist ja eine Krux mit Fortsetzungen. Die Fans wollen immer das Altbewährte – in diesem Fall Lichtschwerter, Droiden und Sturmtruppen –, aber zugleich wollen sie immer wieder alles neu. Und es ist auch eine Krux mit dem zweiten Teil von Filmtrilogien. Weil sie immer nur das Scharnier zwischen dem ersten und dem dritten sind, oft nur retardierende Momente, die das Finale hinauszögern. Ob bei „Herr der Ringe“ oder beim „Hobbit“: Stets war der zweite Teil der überflüssigste. Und ausgerechnet bei der ersten „Star Wars“-Trilogie – erzähltechnisch, es ist kompliziert, Episode IV bis VI –, gilt der Mittelteil als der beste der ganzen Saga. Wie das alles noch mal überbieten?

Das Disney-Imperium, das sich alle „Star Wars“-Rechte von ihrem Schöpfer George Lucas für sagenhafte vier Milliarden Dollar gesichert hat, zeigt sich da immens risikobereit. Es bedient die Erwartungen – und bricht sie doch mit Lust. Schon in Episode VII, „Das Erwachen der Macht“, hatte man Harrison Ford als Han Solo reaktiviert, nur um ihn am Ende sterben zu lassen durch die Hand seines eigenen Sohnes Kylo Ren (Adam Driver), der mehr von seinem Großvater Darth Vader als von seinem Vater im Blut hat. Macht ja nix, könnte man denken. Alec Guinness ist als Obi-Wan Kenobi auch nach einem Film gestorben – und kehrte dann als schimmernder Geist wieder. Aber nein, so viel kann man schon der Besetzungsliste entnehmen, Harrison Ford kommt nicht mehr.

Dafür nehmen große Teile von Episode VIII erneut Prinzessin Leia ein, die inzwischen zum General mutiert ist, und eben Luke Skywalker. Gegen die Stars von einst sehen die neuen jungen Helden, also Rey, der böse Kylo Ren und Tausendsassa Finn (John Boyega), ganz schön alt aus. Und es hat etwas Charmantes, wie der Film noch mal die alten Granden feiert, entgegen dem in Hollywood grassierenden Jugendwahn. Für die, die mit „Star Wars“ seit 1977 aufgewachsen sind, sind Luke und Leia Weggefährten, für die jüngeren Zuschauer eher so was wie Mutti- und Vati-Figuren. Und während man Mark Hamill science-fiction-untypisch eine echte shakespearesche Hamlet-Figur schenkt, bekommt auch Carrie Fisher noch mal einen großen Auftritt als Leia. Man kann den Film indes nicht mehr unbelastet schauen. Vor fast genau einem Jahr, drei Monate nach den Dreharbeiten, ist Carrie Fisher gestorben. Es wurde auch beschlossen, ihre Figur im letzten Teil nicht mehr wie im „Star Wars“-Ableger „Rogue One“ digital zu reaktivieren. „Die letzten Jedi“ ist also ein einziger großer Abschied von ihr. „For our beloved Princess Leia“ heißt es im Abspann.

Ansonsten folgt „Star Wars“ dramaturgisch dem „Game of Thrones“-Prinzip und lässt jede Menge Protagonisten hops gehen. So viele, dass für den letzten Teil nicht mehr viel übrig bleibt, weder an Figuren noch an Sternen im All. Dass der Mittelteil nur ein retardierendes Scharnier ist, kann man diesem Film wahrlich nicht vorwerfen. Dass er mit 150 Minuten etwas überlang geraten ist, dagegen schon. Und dass Rian Johnson nicht ganz so begnadet ist wie J.J. Abrams, der beim „Erwachen der Macht“ Regie führte, das muss man auch anführen. Abrams wird den nächsten Teil, Episode IX, wieder übernehmen. Bis dahin aber gibt es mal wieder einen gemeinen Cliffhanger. Und dann heißt es zwei Jahre warten bis zur Auflösung.

„Star Wars: Die letzten Jedi“ USA 2017, 150 Min., ab 12 J., R: Rian Johnson, D: Mark Hamill, Daisy Ridley, Carrie Fisher, John Boyega, täglich im Blankeneser, Cinemaxx Dammtor/
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