Ein Pärchen herzt sich in einem Café, dazu erklingt ein italienischer Schmachteschlager, und schon möchte man mit den Augen rollen: Och nö, nicht schon wieder eine deutsche Beziehungskomödie! Aber dann, nach nicht mal 30 Sekunden, passiert etwas, womit keiner rechnen würde. Und schlagartig, das haben wir in mehreren Vorführungen getestet, ist es still im Saal. Und die Zuschauer sind im Bann.

„SMS für dich“ ist das Regiedebüt von Karoline Herfurth. Und es ist so gut, dass man sich fragen muss: Warum hat die 32-Jährige all die Jahre nur als Schauspielerin gearbeitet und ihre Talente so offensichtlich kaschiert? Man hätte es sich für ein Debüt sicher leichter machen können. Etwa indem man nicht gleich Regie führt und die Hauptrolle spielt. Oder indem man sich einen etwas einfacheren Stoff wählt. Karoline Herfurth aber wollte genau diese Mischung aus Leichtigkeit und Tiefgang. Das ist es, wie sie sagt, was sie selbst sehen will. Das ist es, das sagt sie aber nicht, was man im Kino hierzulande so selten zu sehen kriegt.

Die Verfilmung von Sofie Cramers gleichnamigem Roman beginnt mit einem Trauerfall. Clara (Herfurth) hat ihre große Liebe verloren. Ein Verlust, über den sie auch nach zwei Jahren noch nicht hinweg ist. Seither hat die Kinderbuchillustratorin nichts mehr geschrieben, nichts mehr illustriert, was man kleinen Kindern zumuten möchte. Aber nun wird es Zeit, sich dem zu stellen. Sie verlässt den Hof ihrer Eltern, wohin sie sich zurückgezogen hat, und fährt, mit dem Auto des Ex, zurück nach Berlin, wo sie mit dem Ex und ihrer Freundin Katja (Nora Tschirner) gewohnt hat.

Katja ist es auch, die ihr rät, zur Trauerverarbeitung mit dem Toten zu sprechen. Clara kann das nicht und schickt stattdessen SMS an seine alte Handynummer. Die aber ist längst wieder vergeben. So erhält der Sportjournalist Mark (Friedrich Mücke) lauter romantische Botschaften von einer Fremden. Zunächst will Mark das noch auflösen, bis er merkt, dass die Texte etwas mit ihm machen. Und er die Verfasserin kennenlernen will. Aber ohne dass sie merkt, wie er auf sie gekommen ist.

Es gibt ja nicht wenige deutsche Filmschauspieler, die meinen, auch Regie führen zu müssen. Und uns regelmäßig mit ­romantischen Komödien beglücken. Die handeln meist nur von einer Seite, der männlichen, die Frau ist irgendwie Projektionsfläche, aber keine wirkliche Figur. Die Gefühle sind meist auch nur behauptet und werden nicht etwa durch das Spiel der Darsteller, sondern durch ausgewählte Songs vorgegeben.

„SMS für dich“ ist das glatte Gegenteil davon. Songs gibt’s hier auch, die wären aber gar nicht nötig. Weil sie nur verstärken, was die Schauspieler ohnehin spüren lassen. Dabei stimmt nicht nur die Chemie zwischen der Regisseurin und ihrem Filmpartner Friedrich Mücke hervorragend. „SMS“ wird einmal wirklich beiden Seiten gerecht, der männlichen und der weiblichen. Und beide Hauptfiguren, ohnehin stark genug, erhalten mit Nora Tschirner und Frederick Lau noch je einen großartigen Sidekick, der allein das Gucken lohnt.

Als sei das noch nicht genug, darf Katja Riemann auch noch eine durchgeknallte esoterische Schlagerelse spielen, irgendwas zwischen Andrea Berg und Helene Fischer, die ausgerechnet der Sportjournalist interviewen muss und die mit ihren Tralala-Weisheiten die Liebesgeschichte nicht nur kommentiert, sondern entscheidend vorantreibt.

„Im Kino gewesen. Geweint“, lautet ein berühmter Tagebucheintrag von Franz Kafka. Den kann man hier etwas ausdehnen, weil man gleich doppelt gerührt wird: Im Kino gewesen. Gelacht. Geweint.

Man mag sich nur wünschen, dass auch all die männlichen Schauspieler-Regisseure mal den Weg ins Kino finden, um zu sehen, wie man eine romantische Komödie richtig in Szene setzen kann.

„SMS für dich“ D 2016, 107 Min., o. A., R: Karoline Herfurth, D: Karoline Herfurth, Nora Tschirner, Friedrich Mücke, täglich im Blankeneser, Cinemaxx Dammtor/Harburg/Wandsbek, Koralle, Passage, UCI Mundsburg/Othmarschen/Wandsbek; www.smsfuerdich-film.de