Du magst die Beatles?“ „Klar! „Welche sind dir lieber, die Beatles der blauen oder die der roten Periode?“ So wird in den vergangenen 43 Jahren wohl so manches Gespräch über die Band aus Liverpool begonnen haben, seit 1973 zwei Best-Of-Doppel-LPs das nur zehnjährige Bestehen der Beatles in zwei Phasen einteilten: In die „wilderen“ Rock’n’Roll-Jahre von 1962-1966 (rotes Album) und die Zeit des experimentierfreudigen Spätwerks von 1967-1970 (blaues Album).

Erfreulich ist, dass sich nun ein abendfüllender Dokumentarfilm der zuletzt etwas verkannten roten Periode widmet. Wie sein überlanger Titel andeutet, verdankt „The Beatles: Eight Days a Week – The Touring Years“ seine vielen mitreißenden Momente dem Fakt, dass die Beatles nur in ihrer roten Periode auch eine Live-Band waren und mit ihren triumphalen Konzerttourneen weltweit die sprichwörtliche „Beatlemania“ auslösten.

Weil die ab 1977 offiziell veröffentlichten Konzertmitschnitte meist recht miserabel klangen, setzte sich bei den Nachgeborenen allerdings eher die Meinung durch, die Band habe ihre wahren Qualitäten erst mit ihrem Rückzug ins Studio offenbart. Regisseur Ron Howard, ein Spezialist für Zeitreisen à la „Apollo 13“, ist nun angetreten, dieses Bild musikalisch zurechtzurücken und die Beatles-Konzerte als soziologisches Phänomen zu würdigen. Dafür montiert er bekanntes Archivmaterial und eine große Zahl unbekannter, oft verwackelter 8mm-Film-Schnipsel mit neuen Interviews. Ein „Fool on the Hill“, wer da wirklich erwartet hatte, Starr und McCartney würden sich noch einmal zu neuen Anekdoten hinreißen lassen.

Dafür berühren die Aussagen der berüchtigten „prominenten Zeitzeugen“. Wenn Sigourney Weaver, Elvis Costello und allen voran Whoopi Goldberg sich erinnern, wie sie als Teil einer weltweiten „Beatles-Fan-Gemeinde“ an Selbstbewusstsein gewannen, dann wird plötzlich greifbar, dass die „Beatlemania“ sich nicht auf einen medialen Hype reduzieren lässt. In ihr manifestierte sich nichts weniger als die befreiende Kraft der Musik.

So bleibt man nach knapp 120 Doku-Minuten reichliche musiktrunken, aber auch etwas unbefriedigt zurück. Zu gerne würde man erfahren, wie es damals, vor über 50 Jahren, gewesen sein mag, mitten in einer kreischenden Menge zu stehen, vor der diese längst als Ikone fixierte Band noch ganz real, in Fleisch und Blut erschien. Und zu eben jenem Zweck gibt es als Zugabe im Kino noch das Konzert im New Yorker Shea Stadium, vom 15. August 1965, in seiner ganzen 30-minütigen Länge zu sehen. Eine viel versprechende Idee, die uns mit einiger Sicherheit in den nächsten Jahren noch so manches historische, digital aufgemöbelte Konzert aller möglichen Bands in die Kinosäle spülen dürfte.

„The Beatles: Eight Days A Week“ GB/USA 2016, 120 Minuten, o. A., R: Ron Howard,
täglich im Abaton (OmU), Alabama, Savoy (OF), Studio-Kino (OmU)