Wer in Deutschland leben darf, soll und muss – darüber wird seit Angela Merkels Entscheidung, Flüchtlinge in großer Zahl die Einreise zu ermöglichen, stellenweise heftig gestritten. Das Thema ist schon einige Jahrzehnte alt und betrifft das Grundverständnis über unser Land: Sollen hier nur „Biodeutsche“ ein Zuhause haben oder auch Menschen, die aus anderen Weltgegenden und Kulturkreisen stammen? Ist Deutschland ein Einwanderungsland?

Man sollte letzteres doch eigentlich meinen, weil seit den Zeiten des sogenannten Wirtschaftswunders Hunderttausende von Arbeitsmigranten ins Land kamen. Das Zauberwort ist Integration. Ob und wie die gelingen kann, ob es eine Leitkultur gibt – auch darüber wird schon lange gerungen. Warum ist es wichtig, das Heimatliche ab und an mit dem Fremden zu mischen? Darum dreht sich eine Extra-Ausgabe des Philosophischen Cafés, Überschrift des Themenabends in der Akademie der Künste ist „Das Fremde? Das Eigene? Abschied vom Entweder-oder!“. Gäste von Reinhard Kahl sind Armin Nassehi, Jagoda Marinić und Andreas Zick.

Nassehi ist Philosophie-Professor in München und Herausgeber des Kursbuches. Außerdem ist er der Sohn einer Schwäbin und eines Persers – er weiß, wie es zugeht, wenn Einflüsse sich mischen. Eine Gesellschaft ohne Fremdheit sei für ihn nicht denkbar, sagt Nassehi. Da dürfte ihm Jagoda Marinić assistieren. Sie ist die Leiterin des Interkulturellen Zentrums in Heidelberg. Außerdem schreibt die Tochter kroatischkroatischer Gastarbeiter Theaterstücke, Essays und Romane, sie sagt: „Ich komme mit den Bindestrichen ganz gut klar.“ Ihre jüngste Veröffentlichung ist ein Sachbuch und trägt den Titel „Made in Germany. Was ist deutsch in Deutschland?“ (erschienen bei Hoffmann und Campe). In ihm geht die Autorin den Fragen nach, wie sich die 16 Millionen „Neuen Deutschen“, Menschen mit Migrationshintergrund also, voneinander unterscheiden und aus welchen Fehlern man lernen kann, wenn es um die jüngsten Zuwanderer geht. Unter ihnen befinden sich gerade junge Menschen, die sich wie manche schon länger in Deutschland lebende oder sogar hier geborene Muslime islamistischen Terrorgruppen anschließen. Auf der anderen Seite sind es rechtsradikale Vereinigungen, die auf orientierungslose Jugendliche verführerisch wirken. Beiden Gefährdergruppen stehen im Fokus von Andreas Zick, der an der Universität Bielefeld das Institut für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung leitet.

Philosophisches Café Mo 19.9., 19.00, Freie Akademie der Künste (U/S Hbf), Klosterwall 23, Eintritt 14/10 Euro; www.literaturhaus-hamburg.de