Auf ihrem aktuellen Album „Abalonia“ thematisiert die Flensburger Punkrockband Turbostaat die Themen Flucht und Verfolgung, um sich wütend und brodelnd, aber auch nachdenklich und sehr eindeutig gegen Fremdenhass und für das Recht auf Asyl einzusetzen. Das Quintett um Sänger Jan Windmeier passt damit perfekt zur 38. Ausgabe des Wutzrock-Festivals, das von Freitag bis Sonntag traditionell am Eichbaumsee steigt und Rock, Pop, Electro und Singer/Songwriter-Sound von mehr als zwei Dutzend Acts bietet. Denn das Open Air im Osten Hamburgs hat sich nicht nur der reinen Unterhaltung, sondern explizit auch dem Politischen und Sozialen verschrieben.

„Kultur von unten – für alle und von allen“ lautet das Motto der Umsonst-und-draußen-Sause seit ihrer Premiere im Jahr 1979. Und um dieses Prinzip realisieren zu können, treten die Bands für einen Bruchteil ihrer regulären Gagen auf. Das ehrenamtlich organisierte Festival finanziert sich fast ausschließlich durch den Getränkeverkauf, weshalb Fremdgetränke auf dem Gelände nicht erlaubt sind.

Die Haltung des Wutzrock zeigt sich nicht nur auf der Webseite, wo sich das Team unter anderem mit Vereinen wie Viva Con Agua und Laut gegen Nazis solidarisiert. Auch auf dem Platz und im Programm spiegelt sich der Kampf für Freiräume und Freiheiten, für das Bunte und Improvisierte wieder – vom Kinderfest bis zum Schlafsackwetthüpfen.

Stände, etwa von Amnesty International oder dem Frauen-Notruf Hamburg, informieren über ihre Arbeit. Und am Sonntagnachmittag (16.30 Uhr) lädt die Initiative Strom & Wasser zur Jamsession mit geflüchteten Musikern. Eine hübsche Gelegenheit, den Groove unterschiedlichster Kulturen kennenzulernen. Eine halbe Stunde später soll dann auch schon die Antilopen Gang für ein im wahrsten Sinne fettes Finale sorgen.

Die Crew aus Düsseldorf und Aachen spricht in ihren poppigen Rap-Nummern gerne Klartext – mal kalauernd, mal provokant, häufig beides. Ob Homophobie, Rechtsextremismus oder Altersarmut – Koljah, Panik Panzer und Danger Dan packen all das in geschmeidigen Sprechgesang, der es in sich hat. Doch auch vor diesem fulminanten Ausklang gibt es ab Freitagabend reichlich auf die Ohren auf Elb- und Seebühne.

Neben Turbostaat (Fr 22.30 Uhr) zählt I-Fire (Fr 0.30 Uhr) zu den verläss-lichen Energielieferanten. Mit ihrem deutschsprachigen Reggae produziert diese Hamburger Großcombo den perfekten Sommersoundtrack. Songs wie „Zwischen Frühling und Herbst“ und „Ferien Zu Haus“ zeugen von dieser lebensbejahenden Einstellung zur Jahreszeit – selbst wenn in Norddeutschland die Sonne mal wieder etwas nasser scheinen sollte.

Eine nachhaltig kurze Anreise haben auch die vier Musiker der Hamburger Band Herrenmagazin (Sa 23 Uhr). „Sippenhaft“ heißt das aktuelle vierte Album der Indierocker, auf dem sie klug hinterfragen, was uns prägt. Was wir hinter uns lassen wollen. Und wie wir leben wollen. Gute Musik für ein gutes Festival.

Wutzrock-Festival Fr 12.8., 18.00 bis So 14.8., ca. 19.00, Gelände am Eichbaumsee (S Mittlerer Landweg, dann Shuttlebus oder Bus 230, 321), Eintritt frei; www.wutzrock.de