Expressionistisch weiß geschminkte Gesichter, surreale Gesten und verwegene Rockmusik. Vielen Theaterfreunden in Hamburg ist die Uraufführung 1990 im Thalia Theater von „The Black Rider: The Casting Of The Magic Bullets“ unvergessen. Ein Zwitter zwischen Oper und Musical, frei nach der alten Volkssage vom Freischütz, die schon Carl Maria von Weber zu seiner gleichnamigen Oper inspiriert hatte.

US-Bühnenmagier Robert Wilson schuf die Inszenierung, der Komponist Tom Waits steuerte in der Musik eine amerikanische Sicht auf das Thema bei, und der betagte US-amerikanische Beat-Autor William S. Burroughs lieferte die dämonischen Texte. Es wurde eine Erfolgsgeschichte des Theaters.

Am Altonaer Theater gastiert nun vom 8. November an Regisseur und Intendant Jochen Schölch mit seiner bei Kritik und Publikum gefeierten Version vom Metropoltheater München. „Man kann die Inszenierungen gar nicht vergleichen. Wir entwickeln das aus dem Spiel heraus, arbeiten mit totaler Reduktion aber auch mit höherem Tempo“, sagt Schölch. Die Geschichte von der unstandesgemäßen Liebe zwischen einem Schreiber und einer Förstertochter ist eine wunderbare Adaption des Romeo- und Julia-Mythos. Ein Wettschießen, begleitet von einem Pakt mit dem teuflischen Stelzfuß und unfehlbaren „Freikugeln“, endet tragisch.

Für Jochen Schölch ist das Werk brandaktuell. „Man nimmt sich heute nicht die Zeit, zu reifen, zu wachsen. Die Abkürzung fühlt sich für mich wie ein Grundmuster unserer Zeit an“, sagt Schölch. „Man wäre gern ein Superstar und ist nicht bereit, einen steinigen Weg zu gehen, sondern möchte gleich dort sein.“ Das rächt sich. Der Sturz ist tief.

Die schauerliche Geschichte wirkt nicht umsonst wie eine Drogenfantasie, in einem Mix aus Vaudeville, Varieté und Traumwelt. Schölch erzählt sie ohne Bühnenbild, nur mit einem Regenschirm. Man sieht, wie die Bilder entstehen, die Theatermittel liegen offen zutage. Das Archetypische der Figuren, das ihnen etwas Maskenhaftes gibt, zeigt sich aber auch hier.

„The Black Rider“ HH-Premiere So 8.11., 19 Uhr, bis Sa 28.11., Altonaer Theater, Museumstraße 24, Karten 18 bis 38 Euro unter T. 39 90 58 70