Wohl nie zuvor wurde ein Zerstörungswerk so fantasievoll und sympathisch in Szene gesetzt wie in dem Bilderbuch „Maulwurfstadt“ des Illustrators Thorben Kuhlmann. Nachdem der Zeichner schon 2014 mit „Lindbergh“, der abenteuerlichen Fluchtgeschichte einer kleinen Maus, Furore gemacht hat, kommt sein zweites Bilderbuch fast ohne Text aus. Mit erstaunlicher Bilderfindungen schildert Kuhlmann das Werk eines Maulwurfs, der sich unterhalb einer wunderschönen blühenden Wiese eingerichtet hat und dem es dort an nichts fehlt. Nur bleibt er nicht lange allein, bald erkennen weitere Artgenossen die Vorzüge des Idylls und siedeln sich hier an. Das bleibt nicht folgenlos, denn der Bevölkerungszuwachs verlangt nach einer eigenen Infrastruktur. Erst nur mit Schaufeln und Spitzhacken, bald jedoch auch mit Dampfbaggern und anderer schwerer Technik treiben die Maulwürfe immer neue Gänge ins Erdreich, so dass sich auf der Wiese bald zahllose Hügel wölben.

Mit der Zeit entsteht dabei eine ganze Stadt, die Moletown genannt wird und über Straßenbahnen, Fahrstühle und Wohnungen verfügt, die zwar ein bisschen eng sind, in denen die Maulwürfe aber auf keinen Luxus verzichten müssen: Sie haben Telefone, Fernseher, teils etwas merkwürdig anmutende Audio-Anlagen und natürlich auch sanitäre Einrichtungen.

Wer vor die Tür geht, muss sich allerdings vorsehen, denn auf den Straßen von Moletown, wo übrigens auch eine englischsprachige Tageszeitung erscheint, herrscht mörderischer Verkehr: Neben Maulwürfen drängen sich dort Straßenbahnen und Autos durch die engen Häuserschluchten. Von der idyllischen Wiese ist nur noch ein mit rotweißem Band abgesperrter kläglicher Rest geblieben, sonst sieht man nur noch Haufen bis zum Horizont.

Die Bilder des viel gerühmten Illustrators, deren Originale jetzt in Petra von Schmudes Galerie Kunstgenuss zu sehen sind, zeigen die unterirdische Maulwurfswelt zwar als Spiegelbild der modernen Industriegesellschaft, doch ist diese Zivilisationskritik so witzig, liebevoll und fantastisch in Szene gesetzt, dass selbst maulwurfgeschädigte Gartenbesitzer das destruktive Treiben der emsigen Tiere dann doch irgendwie sympathisch finden.

Thorben Kuhlmanns Bilder aus „Maulwurfstadt“ bis 27. Juni, montags bis freitags 10 bis 19 Uhr, Sa bis 16 Uhr, Galerie Kunstgenuss, Hegestieg 14 (Anreise hier), Eintritt frei