Subtil war kein Begriff, der in Zusammenhang mit Katja von Garniers Pferde-Film „Ostwind – Zusammen sind wir frei“ gebraucht wurde. Mit viel Pathos und exzessivem Gebrauch von Zeitlupe wurde die Schönheit galoppierender Pferde beschworen, eine Lanze für das so genannte Natural Horsemanship gebrochen – eine moderne Entwicklung, die eine Artgerechte, von Freiheit und Gleichberechtigung geprägte Tierhaltung fordert – und nebenbei von einem rebellischen Teenagermädchen erzählt. Da rund 800.000 Zuschauer – in erster Line wohl junge und junggebliebene Mädchen – das im Kino sehen wollten, steht nun die Fortsetzung ins Haus, die von allem mehr bietet: Mehr Pferde, mehr Pathos und erstaunlicherweise noch mehr Zeitlupe.

Hauptfigur ist immer noch Mika (Hanna Binke), die in den Schulferien eigentlich zum Schüleraustausch nach Paris soll, aber lieber Zeit mit ihrem geliebten Pferd Ostwind verbringen will. Der trabt unter den Augen des Pferdeflüsteres Herr Kaan (Tilo Prückner) ungezähmt wie eh und je durch die Landschaft. Und auch dem Gestüt Kaltenbach, geleitet von Mikas Großmutter Maria (Cornelia Froboess) geht es nicht gut: Die traditionellen, etwas altmodischen Dressur-Methoden Marias ziehen keine Reitschüler mehr an, die Konkurrenz eines unweit gelegenen modernen Gestüt tut ihr übriges. Doch dafür hat Mika zunächst keinen Sinn, denn Ostwind hat im Wald eine Pferdedame entdeckt, einen Schimmel und bändelt mit ihr an. Sehr zum Unwillen des hübschen Rumtreibers Milan (Jannis Niewöhner), der die Stute namens 33 einfangen soll. Mit Mikas Hilfe soll das gelingen, als Gegenleistung erhält Mika Reitstunden, denn gegen ihren festen Vorsatz, Ostwind nicht mit Zaumzeug und Zügeln einzuengen, will sie doch an einem Turnier teilnehmen, um Geld für den Erhalt des Gestüts zu gewinnen.

Dass diese Geschichte in mehr als groben Zügen erzählt ist wird die Zielgruppe nicht stören. Drama, Romantik und viel Pferde sind schließlich das, was schon den ersten Teil zum Erfolg machte, wozu sich in diesem Fall noch eine zarte Romanze zwischen Mika und Milan gesellt, dessen lange Haare fast so schön im Wind wehen wie die von Ostwind – aber nur fast.

Vor allem ist aber auch diese Fortsetzung ein Plädoyer für eine artgerechte Form der Pferdehaltung, in der die Tiere nicht mehr in enge Boxen eingesperrt sind, sondern auf Weiden ganz nach Lust und Laune auslaufen können. Gegen diese Haltung ist natürlich nichts einzuwenden, doch muss diese Ideologie derart dick aufgetragen werden? Um keinen Zweifel aufkommen zu lassen, ist Katja von Garnier jedes stilistische Mittel recht, erotisiert sie die Pferde geradezu, zeigt in unzähligen Zeitlupenszenen wehende Mähnen und schnaubende Nüster. Und als wäre das nicht genug, lässt sie ihre Darsteller zudem betont deutliche Dialoge aufsagen: Besonders Tilo Prückner als Pferdeflüsterer ist immer für eine Weisheit im Stil von „Ein Pferd kann dir alles geben, aber nur aus freien Stücken“ gut. Subtil ist das alles nicht, in seiner Deutlichkeit gerade für einen erwachsenen Zuschauer auch arg enervierend, doch Pferdevernarrten Teenagerinnen wird’s gefallen.

Ostwind 2 D 2015, 108 Minuten, ohne Altersbeschränkung, Regie: Katja von Garnier, Darsteller: Jürgen Vogel, Hanna Binke, Tilo Prückner, täglich in den Cinemaxx- und UCI-Kinos, im Abaton, Hansa, Koralle, Zeise