Es gehört zum Wesen der Popmusik, dass Künstler sich immer wieder neu erfinden müssen, wenn sie sich weiter entwickeln wollen. Marina Diamandis geht diesen Weg. „Electra Heart“, die Kunstfigur ihres zweiten Albums, hat die walisische Electro-Pop-Sängerin mit den griechischen Wurzeln hinter sich gelassen. „Ich kann mir heute nicht einmal mehr vorstellen, diese Perücke in einer Million Jahre wieder aufzusetzen“, sagt sie. „Das war eine einmalige Sache für einen gewissen Zeitraum.“

„Froot“ heißt das neue Album, es ist gleichzeitig auch die Befreiung aus einer depressiven Phase. „Happy“ heißt der Eröffnungssong, in dem sie diese Verwandlung beschreibt. „Es fühlte sich an, als hätte mich irgendetwas mein ganzes Leben belastet, das plötzlich verschwunden war“, erzählt die Sängerin und Pianistin. „Froot“ ist ein persönliches Logbuch ihrer Reise vom Teenagermädchen zur erwachsenen Frau. In den Songs seziert sie sich, hängt vergangenen Stimmungen nach („Blue“), verliert sich in Selbstbeschuldigungen („Forget“) und singt von der Angst, Menschen vor den Kopf zu stoßen („I’m A Ruin“). Doch je länger das Album fortschreitet, desto mehr findet Marina zu sich selbst. „Can’t Pin Me Down“, heißt ein Song: „Du kannst mich nicht umkegeln!“ Zum Schluss des Albums verlässt sie die eigene Selbstbespiegelung und widmet sich der Welt. „Savages“ ist ein Lied über die Defizite der Menschheit. „Wir sind Barbaren“, konstatiert sie.

Musikalisch bewegt sie sich weiter im Genre des Electro-Pops. Ihre Songs sind nicht so wuchtig wie die von La Roux und auch nicht ganz so eingängig, aber sie schmeißt sich nicht einfach in den Mainstream, sondern hat versucht, spannende Arrangements um ihre Texte zu bauen, in denen ihre Stimme natürlich im Mittelpunkt steht. Nachdem ihr bei „Electra Heart“ eine ganze Reihe namhafter Produzenten geholfen hat, hat sie sich auf ihre eigenen Fähigkeiten und die von David Kosten ( Natalie Imbruglia, Bat For Lashes) verlassen.

Als Schlagzeuger konnte sie Jason Cooper von The Cure gewinnen. Herausgekommen ist dabei ein selbstbewusstes Album, das mehr an ihr Debüt „The Family Jewels“ denken lässt als an „Electra Heart“. Seit sie 2010 mit dem Debütalbum an die Öffentlichkeit trat, hat sich Marina zu einer der erfolgreichsten Sängerinnen Großbritanniens gemausert. „Electra Heart“ erreichte sogar Platz eins der britischen Hitparade, und das, obwohl es ein Konzeptalbum über weibliche Identität, Liebe, Jugend und Gesellschaft war.

Der Glitzer und Glamour, der „Electra Heart“ umgab, ist Schnee von gestern. Trotz des Erfolgs hatte die Waliserin keine Lust, sich noch einmal zu wiederholen. Mit neuem Elan geht sie im Mai auf Deutschland-Tournee und findet in der Markthalle einen Ort, der hervorragend zu den neuen Songs von „Froot“ passt – Neuerfindung geglückt.

Marina And The Diamonds Do 7.5., 20 Uhr, Markthalle, Klosterwall 11 (Anreise hier), Eintritt 30 Euro an der Abendkasse