„Es ist genauso riskant, immer seinen gleichen Striemen zu fahren, wie etwas Neues auszuprobieren“, sagte Roger Cicero, als sein neues Album „Was immer auch kommt“ im März veröffentlicht wurde. Und der Sänger aus Winterhude wollte etwas Neues ausprobieren. Alte Hüte mal ablegen.

Über den Zeitraum von sechs Jahren und vier Top-Ten-Alben, von „Männersachen“ 2006 bis „In diesem Moment“ 2011, war Cicero eigentlich auf eine öffentliche Rolle gebucht. Die des Swing-Boys, der mal charmant, mal zupackend Frauen um den Finger wickelt wie Telefonstrippen aus alten Tagen. Mit glitzerndem, fluffigen Bigband-Sound aus der Vergangenheit, als es im Café Keese noch Tischtelefone gab, um diskret den angehimmelten Backfisch am Nebentisch anzubimmeln. Heute gibt es dort nur noch Backfisch eines Sylter Systemgastronomen.

Nicht die Uhr, die Zeit hinterlässt Spuren. Oder verwischt sie. Nach „In diesem Moment“ hat sich vieles im Umfeld Ciceros verändert. Der 44-Jährige und seine Freundin – und Mutter seines Sohnes – gingen nicht mehr gemeinsame Wege, und diese Trennung ist ein zentrales Motiv auf „Was immer auch kommt, in den Liedern „Frag nicht wohin“, „Hollywood“ und der Coverversion von Rio Reisers „Straße“. Ciceros Straße führt ins Ungewisse, auf der vorher die Richtung vorgegeben schien. Diese neue Lebenssituation ist für ihn eine Inspiration, auch als Künstler Bewährtes, sich selber zu hinterfragen. So wurde „Was immer auch kommt“ zu seinem persönlichsten und zugleich abwechslungsreichsten Album. Die meisten Songs wurden mit einem „kleinen Bandbesteck“, wie er es nannte, eingespielt. Mehr Pop, weniger Pomp. Ein ungewohnter Roger Cicero. „Es wird Fans geben, die es bereichern wird, und es wird welche geben, denen es gar nichts sagt“, bleibt Cicero gelassen. Es ist das erste Album, das er in erster Linie für sich selbst aufgenommen hat, und nicht, um Massen zu unterhalten.

Wobei er natürlich ein Entertainer, ein Bühnengalan bleibt. Beim Konzert am 1. Oktober im CCH ist die Bigband wieder dabei. „Aber bei den neuen Songs wird sie nicht wie eine Bigband klingen“, verspricht Cicero. Auch das wird eine neue Herausforderung.

Roger Cicero Mi 1.10., 20 Uhr, CCH 1, Tiergartenstraße 2, Karten ab 45 Euro unter der Abendblatt-Ticket-Hotline T. 30 30 98 98 und in den HA-Ticket-Shops oder an der Abendkasse