Alexandra Maschewski hat sich in der süßen Welt von Bonbon Pingel umgeschaut.

Die Tür öffnet sich, und es duftet wie in einer knisternden Bonbontüte. Ein bisschen nach Zuckerwatte, ein bisschen nach Karamell. Alina und Oskar sehen sich neugierig um. Geheimnisvolle Maschinen und Kessel stehen in der Halle. An einer Wand hängen Walzen, auf denen bei genauem Hinsehen Bonbonformen zu erkennen sind. Kleeblätter zum Beispiel und Salmibrocken. Die Sechs- und der Fünfjährige halten beide einen Himbeer-Lolli in der Hand – nun wollen sie unbedingt wissen, wie er gemacht wird.

Hans-Jürgen Pingel führt sie in die Produktionshalle. Er nimmt den süßen Duft gar nicht mehr wahr. Das ist wahrscheinlich so, wenn man seit Jahrzehnten in einer Bonbonfabrik arbeitet. In Oersdorf in Schleswig-Holstein, rund eine Stunde Autofahrt von Hamburg entfernt, liegt das süße Schlaraffenland von Bonbon Pingel. Dort werden gleich kiloweise all die Bonbons, Pralinen, Kekse und Lollis gemacht, für die Stammkunden auf Hamburger Wochenmärkten auch gern mal Schlange stehen. An diesem Tag ist das Familienoberhaupt bereits um 4.30 Uhr aufgestanden, hat Zimtmandeln gemacht und zuletzt zuckrigen Hamburger Speck in Würfel geschnitten.

Jetzt am Nachmittag erlauben er und seine Familie wie jede Woche einen Blick hinter die Kulissen. „Vorsicht!“ ruft Schwiegersohn Matthias Graßhoff. In seinen Händen, die mit dicken Handschuhen geschützt sind, trägt er einen schweren Metallkessel, den er auf einen Tisch wuchtet und stürzt. Der pinkfarbene Inhalt ergießt sich auf die glatte Oberfläche. Brodelnde Zuckermasse, die vorher auf dem Herd auf mehr als 100 Grad erhitzt wurde. Nun löst Matthias Graßhoff die Ränder mit einem Spatel, um die Masse immer wieder zu falten. „Ein bisschen fühlt sie sich an wie weicher Hefeteig“, erklärt Hans-Jürgen Pingel. „Damit keine harten Stellen entstehen, muss der Zucker langsam und gleichmäßig abkühlen.“

Später wird die Masse im sogenannten Kegelroller zu einer Art Zuckerwurst gewalzt, von der Matthias Graßhoff mit einer besonders großen Schere ein Stück abschneidet. Der vierjährige Lenny, ebenfalls mit Lutscher in der Hand, steht dicht vor der Lollimaschine. Er sieht sich genau an, wie die Zuckerwurst per Hand in die Maschine gesteckt wird. Eine Walze, in der viele Lolliformen erkennbar sind (der Holzstiel steckt jeweils schon drin), sticht nun gewissermaßen Lollis aus dem Zuckerteig aus. „Da kommen die Lutscher raus!“, ruft Lenny verzückt. Dutzende Himbeer-Lollis landen nach und nach auf dem Tisch. Dort bleiben sie, bis sie ganz abgekühlt sind.

„Die Lollimaschine ist in Teilen schon 90 Jahre alt“, erzählt Hans-Jürgen Pingel, der mit 76 Jahren immer noch Spaß hat an seinem Beruf. Das merkt man ziemlich schnell. Spätestens dann, wenn er zum wiederholten Male zum Probieren auffordert. Egal, ob er nun vor einem Blech mit Kokosmakronen, einem Teller mit Mocca-Pralinen oder einem randvoll gefüllten Beutel mit Brause-Bonbons stehen bleibt. Er selbst nascht schließlich auch gern. „Wir haben das auch unseren beiden Töchtern nie verboten, aber natürlich darauf geachtet, was sie essen.“ Mittlerweile arbeitet nicht nur eine Tochter, sondern auch die 26-jährige Enkelin mit im Betrieb. Sie ist Konditorin – früher hätte man Zuckerbäckerin gesagt. Stolz zeigt Hans-Jürgen Pingel einen Keks in Form eines Feuerwehrautos, den sie detailgetreu verziert hat.

Die Zuckerwaren von Bonbon Pingel sind beliebt. So beliebt, dass es Erwachsene gibt, die sich ihre Lieblingsmischung im Internet bestellen und nach Hause liefern lassen. Egal, ob sie nun in Hamburg, Kanada oder sogar Japan leben. Am Folgetag wird die Familie wieder sehr früh auf dem Isemarkt stehen. Und ganz sicher finden sich auch Abnehmer für die frischen Himbeer-Lutscher.