Der Bürgermeister sprach auf Einladung des Hamburger Abendblatts mit Schülern über schlaflose Nächte, seine Kinderträume und Politik.

Hamburg. Es war ihr Forum: Stellvertretend für alle Kinder in Hamburg fragten die Schüler der Klasse 6a der Gesamtschule Stellingen und der 5a des Gymnasiums Eppendorf Ole von Beust ein Loch in den Bauch. Im Kl!ck Kindermuseum in Osdorf erfuhren sie, was ein Bürgermeister macht und was er für die Kinder in der Stadt bewegen will. Die Schüler entlockten ihm, dass er mal Hochbahnfahrer werden wollte, Lady Gaga klasse findet und Fahrradfahren hasst. Hier der etwas andere Blick auf Hamburg und sein Stadtoberhaupt.

Sibel: Herr Bürgermeister, mögen Sie eigentlich Kinder?

Ole von Beust: Nicht alle, aber die meisten schon.

Abendblatt: Haben Sie privat Kontakt zu Kindern. Wissen Sie, wie die ticken?

Ich hoffe, genau weiß man das nie. Ich habe zwei erwachsene Nichten. Die habe ich als Onkel von klein auf mitbekommen. Und ich habe zwei Patensöhne. Ich glaube, dass Kinder gar nicht so anders denken und fühlen wie Erwachsene, sie haben nur eine andere, spontanere Art, sich auszudrücken.

Sibel: Was sind Ihre Stärken, was sind Ihre Schwächen?

Meine Stärke ist, dass ich immer relativ ruhig und gelassen bin. Ich habe wenig Scheuklappen und gehe offen auf Menschen zu. Meine Schwäche ist, dass ich ungeduldig bin.

Leopold: Was haben Sie für Hobbys? Wobei entspannen Sie sich am liebsten ?

Politik ist schon immer mein Hobby gewesen, auch wenn das skurril klingen mag. Ich lese viel, besonders gern Krimis. Ich bin nicht der große Fern-Seher, sondern surfe viel im Internet. Und auch wenn es langweilig klingt: Ich gehe gerne spazieren um die Alster. Am Wochenende schlafe ich gerne aus.

Abendblatt: Spielen Sie nicht auch gerne Computer-Spiele?

Jahrelang habe ich am PC Flugsimulator gespielt, damals noch am Commodore 64. Den kennt ihr gar nicht mehr. Ich bin Nächte durchgeflogen, in Echtzeit nach New York. Inzwischen ist das so kompliziert, dass ich nicht mehr die Zeit habe, mich auf den neusten Stand der Technik zu bringen.

Eileen: Sammeln Sie irgendetwas?

Ich habe mal DDR-Utensilien gesammelt. Aber das habe ich aus Zeitgründen aufgegeben.

Eileen: Worauf sparen Sie gerade?

Ich habe eine Wohnung in St. Georg, die vermietet ist, die ich abbezahlen muss.

Philipp: Ist es schwer, Bürgermeister von Hamburg zu sein?

Das ist eine Frage der Tagesform. Es gibt Tage, da habe ich das Gefühl, alles läuft gut. Aber es gibt auch Tage, da nehme ich mir alles sehr zu Herzen, bin kritikempfindlich und verletzbar. Geht euch wahrscheinlich auch nicht anders.

Philipp: Wollten Sie schon als Kind Bürgermeister werden oder hatten Sie da andere Träume?

Mein erster Berufswunsch war Hochbahnfahrer. Ich hatte mir mit einem Holzbaukasten ein Cockpit einer Hamburger U-Bahn nachgebaut. Ich bin ja in Ohlstedt groß geworden und zum Entsetzen meiner Mutter bin ich stundenlang, immer wieder die Strecke von Ohlstedt zum Hauptbahnhof gefahren, habe jede Station angesagt und das Geräusch von schließenden Türen nachgemacht. Später wollte ich dann Rechtsanwalt werden.

Celestine: Haben Sie manchmal Angst vor Entscheidungen? Haben Sie schon mal eine falsche Entscheidung getroffen ?

Angst vor Entscheidungen habe ich nicht. Manchmal entscheide ich eher zu schnell als zu langsam. Natürlich habe ich auch Fehlentscheidungen getroffen.

Abendblatt: Welche?

Wenn ich noch mal vor der Frage stehen würde, ob ich relativ schnell das Abitur von 13 auf zwölf Jahre verkürze, würde ich das nicht mehr so zügig machen, wie wir es gemacht haben. Weil gleichzeitig der Unterrichtsstoff nicht reduziert wurde. Mit dem Ergebnis, dass Schüler in der Oberstufe unglaublichen Anforderungen unterworfen sind und kaum noch Zeit für anderes haben. Die Schule diktiert ihnen ihre beiden letzten Schuljahre vollkommen, und das kann nicht sein. Denn zu dieser Lebensphase gehört auch, dass man Freunde trifft, ins Kino geht.

Celestine: Glauben Sie, Sie sind ein guter Bürgermeister?

Ja.

Abendblatt: Keinerlei Zweifel?

Doch, natürlich. Aber ich glaube, dass ich das gut mache. Ich bin nicht überheblich, lebe relativ bescheiden und glaube als gebürtiger Hamburger, die Sorgen und Ängste der Menschen zu kennen.

Biram: Finden Sie, dass Hamburg eine kinderfreundliche Stadt ist?

Überwiegend ja, aber nicht nur. Es gibt leider immer wieder Leute, die sich von Kinderlärm gestört fühlen und dagegen juristisch vorgehen. Aber Kinder gehören zum Leben, und Kinderlärm gehört dazu. Kinder, die keinen Krach machen, sind langweilig. Natürlich gibt es in so einer Großstadt auch nicht genügend Möglichkeiten und Platz sich auszutoben.

Biram: Es gibt jede Menge Spielplätze für kleine Kinder, können Sie auch ein paar für größere Kinder bauen?

Das ist nicht so einfach. Aber wenn ihr eine konkrete Idee habt, dann kann ich mich hinsetzen mit dem Bezirksbürgermeister vor Ort und schauen, was wir machen können.

Abendblatt: Können wir Sie da beim Wort nehmen? Dann kommen wir mit den Schülern hier auf Sie zu.

Klar, das machen wir gemeinsam. Ich hatte das Glück, in einem Naturschutzgebiet groß zu werden, dem Duvenstedter Brook. Ich konnte toben, was das Zeug hält. Ich habe Baumhäuser gebaut. Und ich konnte machen, wozu ich Lust hatte.

Annika: Bei uns in der Gegend in Eimsbüttel gibt es viele Spielplätze, wo Jugendliche sitzen und sie verschmutzen. Was kann man dagegen tun?

Es gibt einen Städtischen Ordnungsdienst, das sind Angestellte, die für den Bezirk arbeiten. Wenn man weiß, da ist irgendwo so ein Platz, kann man denen sagen, geht dahin, redet mit denen, ermahnt sie oder verhängt Bußgelder. Nur man kann nicht überall gleichzeitig sein. Man braucht Hinweise, und wenn du einen Hinweis hast, dann rede ich mit dem Bezirksamtsleiter.

Sibel: Die Hauptstraßen sind für Kinder sehr gefährlich. Warum gibt es dort nicht mehr Ampeln?

Es gibt vor Schulen viele Tempo-30-Strecken, da wird auch geblitzt. Ampeln reduzieren aber nicht das Tempo. Was mehr bringt, ist Geschwindigkeitsreduzierung, die Autofahrer passen nämlich besser auf, wenn sie langsamer fahren.

Eileen: Setzten Sie sich für mehr Radwege ein oder haben Autos bei Ihnen Vorfahrt?

Wir haben ein sehr ehrgeiziges Programm, Radwege auszubauen. Da haben wir auch viel nachzuholen.

Abendblatt: Schwingen Sie sich denn auch mal selber aufs Rad?

Ich gehe lieber zu Fuß, denn ich musste als Kind immer vier Kilometer zur Schule mit dem Rad fahren und wieder zurück. Das Gymnasium war dann zwölf Kilometer weit weg. Durch das viele Radfahren als Kind hat sich meine Freude daran relativiert.

Eileen: Ich finde es eklig, wenn Leute sich draußen mit Alkohol betrinken. Warum verbieten Sie das nicht?

Ich finde es auch eklig und vor allem unwürdig für die Leute selbst, wenn sie sich betrunken danebenbenehmen. Die Wirkung auf andere ist schrecklich. Aber man kann nicht alles verbieten.

Philipp: Sie sind in der letzten Zeit nicht mehr so beliebt, wie gehen Sie damit um?

Schöner ist es natürlich, wenn man beliebt ist. Es gehört zur Politik, dass man Entscheidungen trifft, die zunächst und vielleicht auch auf Dauer unpopulär sind. Aber wenn man in der eigenen Amtszeit nur das tut, was beliebt ist, dann wird man vermutlich keine gute Politik machen können, weil manchmal unpopuläre Dinge notwendig sind, auch im Interesse der Stadt.

Abendblatt: Haben Sie manchmal schlaflose Nächte deswegen?

Nicht deswegen, aber es gibt manchmal Dinge, die so kompliziert sind oder Entscheidungen, die so schwer sind, dass ich um vier Uhr aufwache und zum Telefon greifen möchte, um mit jemanden darüber zu reden.

Philipp: Wir fühlen uns eigentlich so ganz wohl. Wieso möchten Sie unbedingt eine Schulreform?

Ich glaube, dass jedes Kind, egal woher die Eltern kommen und ob es von ihnen unterstützt wird oder nicht, eine Chance haben muss, aus seinem Leben etwas zu machen. In fast ganz Europa haben wir die Erfahrung gemacht, dass längeres gemeinsames Lernen die Chancengerechtigkeit erhöht.

Biram: Was machen Sie, wenn das Volk sich gegen die Primarschule entscheidet?

Dann hat das Volk entschieden. Wie ich finde, nicht weise. Aber wir haben gesetzlich geregelt, dass die Entscheidung des Volkes umgesetzt wird.

Biram: Warum soll es mehr Ganztagsschulen geben, da hat man doch gar keine Freizeit mehr?

Ganztagsschulen soll es nicht geben, damit die Kinder von 8 bis 16 Uhr Unterricht haben. In der Zeit sollen auch Hausaufgaben, Freizeit und Spiel stattfinden. Fakt ist, dass die Mehrheit der Kinder Eltern hat, die beide arbeiten. Es ist schlimm, wenn Kinder um 13 Uhr nach Hause kommen und keiner ist da.

Abendblatt: Wären Sie als Kind denn gerne in eine Ganztagsschule gegangen?

In Maßen ja, aber ich habe auch meine Freizeit genossen. Unterricht von morgens bis abends wäre für mich die Hölle gewesen, aber wenn es da eine gute Mischung aus Sport und aus anderen Angeboten gegeben hätte, hätte ich mir das vorstellen können, sonst nicht.

Lasse: Waren Sie ein guter Schüler. Was war Ihr Lieblingsfach?

In der Grundschule war ich recht gut. In der 7. bis 9. Klasse war es die Hölle. Was auch daran lag, dass ich mit fünf eingeschult worden bin und immer jünger als der Durchschnitt in meiner Klasse war. So bin ich in der 8. und 9. Klasse fast sitzen geblieben, habe aber immer haarscharf die Kurve gekratzt, allerdings mit sehr viel Nachhilfe. Was ich überhaupt nicht konnte, war Latein, Mathe war mal so mal so. Was ich relativ gut konnte, war Deutsch, Gemeinschaftskunde und Englisch.

Celestine: Was tun Sie persönlich für die Umwelt?

Das beginnt im Kleinen, dass ich das Papier nicht in den Mülleimer, sondern in den Papiercontainer werfe und die Flaschen in den Glascontainer. Dass ich Energiesparlampen verwende. Dass ich, wenn es geht, bei Terminen außerhalb Hamburgs mit der Bahn fahre und nicht fliege.

Jenny: Sind Sie ein Befürworter von Atomenergie?

Langfristig nein, mittelfristig ja. Man kann über Atomenergie streiten. Ich glaube, Atomkraft ist vernünftig, solange die erneuerbaren Energien noch nicht so weit sind, die anderen Kraftwerke zu ersetzen. Es wäre besser, die Laufzeiten für Atomkraftwerke zu verlängern, um den Bau neuer Kohlekraftwerke zu verhindern.

Johannes: Welches Projekt haben Sie als Nächstes für Hamburg vor?

Hamburg braucht eine erheblich bessere Universität. Die Zukunft von Großstädten hängt sehr davon ab, ob man gute Forschung und Bildung am Standort hat. Die Hamburger Uni ist in vielen Bereichen, inhaltlich und auch baulich, renovierungsbedürftig. Darum wird es in den nächsten Monaten darum gehen, Entscheidungen zu treffen, wo die Uni erweitert werden soll. Das ist für die Stadt von ganz großer Bedeutung, auch für eure Zukunft.

Aysegül: Wird Ihnen die Elbphilharmonie nicht auch langsam zu teuer?

Mit Sicherheit, ja, die ist wahnsinnig teurer geworden. Das ist auch eines der Dinge, wo ich mal um vier Uhr aufwache und mir Gedanken mache. Nur es gibt manchmal im Leben Dinge, wo es kein Zurück gibt.

Ali: Welche anderen Politiker in Hamburg mögen Sie gerne?

Eine Menge. Ich führe da kein Buch drüber, aber mit den meisten komme ich relativ gut zurecht, auch wenn sie in einer anderen Partei sind. Es gibt ganz wenige, die ich überhaupt nicht mag. Manchmal hat man den Eindruck, die Parteien zoffen sich nur. In Wirklichkeit hockt man auch sehr viel zusammen und bespricht, wie man Dinge lösen kann.

Maximilian: Was ist Ihr Lieblingsfußballverein?

HSV. Mich hat die Mannschaft vom FC St. Pauli kürzlich im Rathaus besucht. Die Spieler waren unglaublich nett. Aber ich bekenne, ich bin HSV-Fan. Aber ich wünsche trotzdem St. Pauli alles Gute.

Kianni: Was ist Ihr Lieblingstier?

Ich mag Hunde aller Art sehr gern, aber ich hatte nie einen. Das einzige Tier, das ich jemals hatte, war ein Hamster.

Lasse: Was für Musik hören Sie?

Am liebsten höre ich Folkrock, Bob Dylan und die Richtung. Das werdet ihr nicht kennen, die Musikrichtung selber ist so 40 Jahre alt. Mit Rap und so kann ich gar nichts anfangen.

Abendblatt: Und Lady Gaga?

Die finde ich klasse.

Ende der Kinderserie

+++ Teil 1 der Serie: Ein gutes Bauchgefühl - jetzt wird alles anders +++

+++ Teil 2 der Serie: Manchmal kommt es anders - Born in the UKE +++

+++ Teil 3 der Serie: Das erste Babyjahr - Mamas neue Lehrstelle +++

+++ Teil 4 der Serie: Wenn Schlaf unter Müttern zum Neidfaktor wird +++

+++ Teil 5 der Serie: Die richtige Ernährung - Es gibt Milch, Baby +++

+++ Teil 6 der Serie: Waldkindergarten: Nass, kalt, aber glücklich +++

+++ Teil 7 der Serie: Medizin: Die Kunst der Befruchtung +++

+++ Teil 8 der Serie: Freizeit & Events: Wetterfrösche sind uns egal +++

+++ Teil 9 der Serie: Recht & Verwaltung - Vor dem Gesetz +++

+++ Teil 10 der Serie: Spielen und Spielzeug - Lasst die Puppen tanzen +++

+++ Teil 11 der Serie: Einkaufen - Ach du dickes Schoko-Ei +++

+++ Teil 12 der Serie: Schule - Mach doch mal eine Pause +++

+++ Teil 13 der Serie: Reisen & Ausflüge - Dem Himmel gern nah +++

+++ Teil 14 der Serie: Probleme & Krisen: Die Quälgeister, die ich rief +++

+++ Teil 15 der Serie: Medien: Die geliebte TV-Soap nach der Schule +++

+++ Teil 16 der Serie: Piks-Ass +++

+++ Teil 17 der Serie: Jetzt ist Väterzeit: Einen Doppelten, bitte +++

+++ Teil 18 der Serie: Schwimmsport: Die kleine Meerjungfrau +++

+++ Teil 19 der Serie: Auf ins Museum: Der letzte Möwenschrei +++