Nun entführt auch Steven Spielberg in die unendlichen Weiten der Computerspielerei. Ausgerechnet Spielberg, von dem vor nicht mal zwei Monaten „Die Verlegerin“ ins Kino kam, ein Film, der von der Macht der Presse in analogen Zeiten erzählt.

Mit für einen 71-Jährigen verblüffender Geschwindigkeit folgt nun sein nächster Film. Und der adaptiert nichts weniger als den Gral der Popkultur, das Kultbuch aller Computernerds: „Ready Player One“. Damit kehrt Spielberg ein bisschen zu seinen Anfängen zurück, als er noch mit kindgerechter Science-Fiction das Kino prägte, von der Kritik aber lange nur belächelt wurde.

Zurück in die Zukunft: Das gilt für diesen Film freilich in vielerlei Hinsicht. Nicht nur, dass Spielberg hier nach langer Zeit zu einem altbekannten Genre zurückfindet. Auch Ernest Clines Buchvorlage spielt zwar im Jahr 2044, hat aber viele Bezüge zu den 80er-Jahren. Und Spielberg, der in jener Zeit eine erste Hochphase hatte, verstärkt diese Analogien in seinem Film noch.

„Ready Player One“ spielt in einer eigentlich düsteren Zukunft, in der alle schlimmen Prognosen unserer Zeit, Klimawandel, Umweltzerstörung, Überbevölkerung, längst eingetroffen sind und die Menschen in heruntergekommenen Türmen aufeinandergestapelter Wohntrailer ein reichlich tristes Leben fristen. Sie alle haben aber „Oasis“ – nicht die Popgruppe, sondern ein Multiplayer-Virtual-Reality-Spiel, das für Millionen armer Menschen zu einem künstlichen Zufluchtsort und einem spannenderen Ersatz-Leben wird, in dem sie das Gefühl haben, irgendwie mehr wert zu sein. Wir erleben das aus der Sicht des jungen Nerds Wade (Tye Sheridan), der wohl nicht zufällig so aussieht, wie wir uns schon immer Steven Spielberg als Teenie vorgestellt haben. Pausbäckig, ein wenig linkisch, mit der typischen Brille.

Tauscht er die aber gegen seine VR-Brille ein, wird er zu Parzival, einem virtuellen, strahlenden Helden mit dauerwallendem Haar, der atemraubende Abenteuer in einem knallbunten Fantasy-Universum besteht.

Spielberg weiß diese Zukunftswelten mit großem Wumms zu kreieren. In der virtuellen Parallelwelt begegnet man Figuren aus seinem eigenen Schaffen, dem T-Rex aus „Jurassic Park“ etwa, aber auch anderen Kino-Mythen wie King Kong, Freddy Krueger oder dem Giganten aus dem All. Autorennen werden hier mit dem DeLorean DMC-12 gefahren, wie in „Zurück in die Zukunft“. Ein wenig spiegelt sich Spielberg damit auch in der Rolle des Erschöpfers dieser Scheinwelten, Halliday, der von Mark Rylance verkörpert wird. Der Spiele-Architekt, ein Kind der 80er-Jahre, hat im virtuellen Universum eine Überraschung versteckt, ein sogenanntes Easter Egg, das man nur durch drei Schlüssel finden kann. Dem Finder lockt hier eine billionenschwere Summe. Und der Besitz des „Oasis“-Imperiums.

Entstanden ist ein Familienfilm mit Reminiszenzen an die Vergangenheit

Kein Wunder, dass da alle dem Easter Egg hinterherjagen. Nicht nur der pausbäckige Junge in seiner naiven Spielsucht. Oder all seine Avatar-Freunde, die ebenfalls in dieser Ersatzwelt mitspielen. Sondern auch der fiese Chef eines übergriffigen Onlinekonzerns (Ben Mendelsohn), der vor allem an den Daten von Millionen Usern und der Vormachtstellung im Internet interessiert ist. Der zögert nicht, seine Mit- bzw. Gegenspieler auch im realen Leben zu verfolgen und auszuschalten. Der Teenie und seine ebenfalls pubertären Mitstreiter werden früher erwachsen als gedacht.

Dass die virtuelle Schnitzeljagd nur durch das Wissen über einen Kinoklassiker gelöst werden kann, Kubricks „Shining“ aus dem Jahr 1980, verrät Spielbergs Humor. In seinen Bilder-Welten tobt sich der Regisseur noch mal aus. Und aus dem Kultbuch hat er einen Familienfilm gemacht, der eben nicht nur junge Computernerds ansprechen soll, sondern, mit all den 80er-Jahre-Reminiszenzen, auch Ältere.

Die gesellschaftskritischen Töne, die das Buch durchaus auch bietet, und die Frage, die man sich als Zuschauer eigentlich dauernd stellt – inwieweit wir heute schon drohen, Avatare unserer selbst zu werden, die nur noch auf Displays glotzen –, das alles wird vom Großmeister des Kinos dagegen sträflich vernachlässigt.

„Ready Player One“ USA 2018, 140 Minuten, ab 12 Jahren, Regie: Steven Spielberg, Darsteller: Tye Sheridan, Olivia Cooke, Mark Rylance, Ben Mendelsohn, täglich im Cinemaxx Dammtor/ Harburg/Wandsbek, Hansa, Savoy (OF), Studio (OmU), UCI Mundsburg/Othmarschen-Park/Wandsbek