Die Hörspielmesse am Sonnabend in der Markthalle ist auch ein Festival zum Mitmachen.

Markthalle. Ausgelöst wurde der Boom durch ein Federvieh. "Die drei ??? und der Superpapagei" hieß die erste Folge der "Drei Fragezeichen"-Reihe. Die ursprünglich amerikanische Detektivgeschichte wurde 1979 als Hörspiel ins Deutsche adaptiert. Seitdem sind 138 Folgen erschienen, Millionen von Kassetten und später CDs landeten in deutschen Kinderzimmern und dienten Millionen von Kindern als Einschlafhilfe. Die "???" sind das erfolgreichste Beispiel dieser Kassettenkinder-Kultur, ein Ohrenkino, das Bilder im Kopf entstehen lässt, mit Stimmen, die einen ein Leben lang begleiten.

Nirgendwo auf der Welt ist die Kassetten-Kultur verbreiteter als in Deutschland. Selbst die Digitalisierung und die unendlichen Möglichkeiten des Internets haben dieses Hörvergnügen alter Schule nicht beschädigen können. Wenn heute eine neue "???"-Folge auf den Markt kommt, werden davon immer noch 80 000 bis 100 000 Exemplare abgesetzt und in nostalgisch anmutenden Sony-Walkmen oder schwarzen Plastik-Tapedecks abgespielt. Die Fans der Serie sind allerdings inzwischen erwachsen geworden. Viele von ihren interessieren sich auch für andere, altersgemäßere Serien. Die Auswahl ist riesig.

Auf diesen nicht abreißenden Trend reagiert "Die Hörspiel". Zum dritten Mal läuft dieses messeartige Festival am heutigen Sonnabend in Hamburg. Initiiert und organisiert wird sie von Janet Sunjic und Günter Merlau. Im Neuen Kamp betreiben die beiden Hörspiel-Junkies ihre Firma "Lausch". "Im vergangenen Jahr hatten wir bereits mehr als 3000 Zuschauer im Hühnerposten. In diesem Jahr sind wir in die Markthalle umgezogen, weil wir dort mehr Platz zur Verfügung haben. Wir rechnen mit 4000 bis 5000 Besuchern", berichtet die 32 Jahre alte Janet Sunjic. Mehr als 30 Aussteller haben sich angekündigt, das abwechslungsreiche Programm mit Lesungen, Mitmachaktionen, Live-Aufführungen und Talkrunden läuft von 10 bis 23 Uhr.

Aus dem Team der "???" ist zwar in diesem Jahr niemand bei der "Hörspiel", doch es gibt ein paar andere sehr prominente Synchronsprecher, bei denen das Publikum das Gesicht hinter der Stimme entdecken kann. Zum Beispiel Annina Braunmiller. Die 25 Jahre alte Schauspielerin spricht die Bella Swan aus den äußerst populären Verfilmungen der "Twilight"-Serie. Oder Tobias Meister. Er leiht seine Stimme gern etwas fiesen oder abgründigen Charakteren, wie sie von Brad Pitt, Kiefer Sutherland oder Gary Sinise verkörpert werden. Auch James Bond kommt nach Hamburg: Dietmar Wunder arbeitet als Stimme im Dienst Ihrer Majestät. "Viele Besucher bringen DVD-Cover mit und lassen sie von den Sprechern signieren. Diese Synchronstimmen sind für das Publikum schon die Stars der Veranstaltung", sagt Janet Sunjic.

Im Mittelpunkt der "Hörspiel" stehen eine ganze Reihe von Live-Aufführungen neuer Produktionen. Auch diese Performances hätte es kaum ohne die "???" gegeben. Einer der Höhepunkte dieser öffentlichen Hörspielevents war 2004 in der Color-Line-Arena. Damals feierten die "???" das 25. Jubiläum mit einer Aufführung des "Superpapageis". 13 000 Menschen, die meisten von ihnen zwischen 20 und 35 Jahren alt, lauschten mucksmäuschenstill den längst zu Kultfiguren gewordenen Sprechern Oliver Rohrbeck, Andreas Fröhlich und Jens Wawrczeck. In der Markthalle gibt es am Sonnabend unter anderem Live-Aufführungen aus der Grusel-Serie "Larry Brent" , Neues von "Peter Lundt", dem blinden Detektiv, und von "Dorian Hunter", dem Dämonen-Killer. Auch die Fantasy-Saga "Drizzt" und die ersten Minuten einer neuen Folge von "Tony Ballard" kann das Publikum auf der Bühne erleben.

Jasmin Wagner alias Blümchen wird mal nicht singen, am Sonnabend geht's um den Satz: "Hilfe, ich kann ohne Hörspiele nicht leben ..." Zusammen mit Schauspielerin Alexandra Kamp und den Autoren Kai Meyer und Markus Heitz geht das Quartett der Frage nach, was den Schlüsselreiz und den Suchtfaktor der jeweiligen Lieblingsserien ausmacht.

Einen Preis gibt es zu guter Letzt auch noch, nämlich den "Hörspieler des Jahres 2010". Eine sechsköpfige Jury wird Sprecher und Produzenten auszeichnen, die sich um das Hörspiel besonders verdient gemacht haben. Unter anderem sind nominiert: Heikedine Körting, seit 40 Jahren Produzentin und so etwas wie "Hörspielmutter der Nation", Comedy-Star Bastian Pastewka oder Konrad Halver, der schon in den 60er-Jahren sehr erfolgreich "Winnetou"-Hörspiele produzierte. Es darf gelauscht werden.

Die Hörspiel 2010 Sa 19.6., ab 10.00, Markthalle (S/U Hauptbahnhof, U Steinstraße), Klosterwall 9-21, Eintritt 15,- für Erwachsene, 8,- für Kinder; Infos im Internet: www.diehoerspiel.de