Silber oder Gold, Ringe oder Anhänger: Kurse für Laien werden immer beliebter, auch bei Brautpaaren. Das Abendblatt weiß, wo man zu Säge und Lötkolben greifen kann

Nur ein kurzer Blick, und sie erkennt sofort, wenn etwas fehlt an ihrem Arbeitsplatz. Eine zierliche Säge, eine angelaufene Zange. „Goldschmiede sind ziemlich eigen mit ihrem Werkzeug“, sagt Annika Lange erklärend. Fast liebevoll nimmt sie einen schlanken Hammer zur Hand, unzählige Male schon nachgeschliffen und poliert. Heike Sleeboom weiß genau, was ihre Freundin und Kollegin meint. Gemeinsam führen sie seit rund zehn Jahren die Goldschmiede Lange + Sleeboom in den Zeisehallen. Und dass die beiden 42 Jahre alten Goldschmiedemeisterinnen wirklich lieben, was sie hier zwischen den unverputzten roten Backsteinmauern tun, merkt man vor allem dann, wenn man am großen Arbeitstisch im angrenzenden Atelier Platz nimmt, um unter fachkundiger Anleitung ein eigenes Schmuckstück zu erschaffen.

„Unsere Goldschmiede-Kurse wurden schon immer gut angenommen, nicht erst, seit die ,Handmade-Welle‘ vor zwei oder drei Jahren ins Rollen gekommen ist“, sagt Heike Sleeboom. Es sind vor allem Frauen ganz unterschiedlichen Alters, die an den Vormittagen oder am Wochenende in die gemütliche Werkstatt hinter dem Ladengeschäft kommen. Die sich zunächst vertraut machen mit dem Werkbrett, dem Feilnagel aus Hartholz und der feuerfesten Lötplatte, um dann unerwartet schnell richtig loszulegen.

„Am Anfang wird ein Silber-Anhänger gefertigt, auf den zum Beispiel ein Herz oder ein Initial aufgelötet werden kann.“ Berührungsängste sind ganz normal, wenn plötzlich nicht nur die Plakette, sondern auch filigrane Motive ausgesägt werden müssen oder die Flamme des Lötrohrs mit der eigenen Atemluft gesteuert wird. „Gibt es dafür keine Maschine? Wie macht ihr denn das da vorn?“, wird dann manchmal mit Blick auf die Arbeitsplätze der Lehrmeisterinnen gefragt.

Annika Lange muss bei derartigen Fragen schmunzeln. Weil sie genau weiß, dass ihr Beruf – für viele ein heimlicher Traum – zu oft verklärt wird. „Man sieht das tolle Material, die Edelmetalle und -steine, und vergisst dabei, dass es sich um ein sehr traditionelles Handwerk handelt.“ Und auch, wenn die beiden Expertinnen heute keine Hasenpfote, sondern einen Pinsel benutzen, um behutsam Silber- und Goldstaub aus dem Ledertuch unter dem Arbeitsplatz zu bürsten und anschließend zu sammeln, so sind die meisten Arbeitsschritte tatsächlich noch so, wie sie auch ihr Wedeler Lehrmeister in seiner Jugend gelernt hat. Schmutzige Hände sind Alltag, kleinere Blessuren vollkommen normal.

„Natürlich braucht man Fingerfertigkeit und vor allem Geduld“, sagt Annika Lange. „Aber man fuchst sich auch schnell ein.“ Kettenanhänger, Manschettenknöpfe, Radschlüsselanhänger, Plaketten für das Hundehalsband – die Ideen der Hobbygoldschmiede sind vielfältig. Und wer einmal ein vorzeigbares Ergebnis mit nach Hause nehmen konnte, ist nicht nur stolz, sondern kommt meistens auch wieder.

Heike Sleeboom, eigentlich gelernte Industriekauffrau, hat sich übrigens selbst erst nach einem Goldschmiedekurs entschieden, diesen Berufsweg einzuschlagen. „Und ich habe diese Entscheidung nie bereut, auch wenn es nicht immer leicht war.“

Auch die Volkshochschule bietet äußerst beliebte Kurse an. In der Sternschanze genauso wie in Harburg oder Othmarschen. Anfänger lernen – zunächst in Messing oder Kupfer, dann in Silber und Gold – die Grundtechniken zur Herstellung von Stücken nach eigenen Entwürfen. Fortgeschrittene beschäftigen sich mit besonderen Techniken wie dem Verarbeiten von Steinen oder Anfertigen von Verschlüssen.

Janine Arnold, die seit fünf Jahren Kurse in ihrem verwunschenen Hinterhofatelier an der Oelkersallee in Altona anbietet, war zuvor selbst Dozentin an der Fachhochschule. „Dort habe ich entdeckt, wie viel auch Anfänger schon schaffen können“, sagt die 41-Jährige. In ihren eigenen Kursen legt sie Wert auf eine sehr begrenzte Teilnehmerzahl, mehr als fünf sollen es nicht sein, damit auch jeder Schritt ausreichend erklärt werden kann. Die Teilnehmer kämen mit einer bestimmten Idee in den Kurs, und am Ende gehe niemand ohne Schmuckstück nach Hause. „In den vergangenen fünf Jahren sind auf diese Weise bestimmt schon 800 Schmuckstücke entstanden – und keines war wie das andere.“

Seit Anfang vergangenen Jahres bietet Janine Arnold auch Trauringkurse an – ein festes Standbein, das immer wichtiger wird. Das Brautpaar sucht sich einen festen Termin aus, um in ein paar Stunden jeweils den Ring für den Partner zu gestalten. „Ein ganz besonderes Stück also, schließlich soll der Ring ein Leben lang getragen werden.“ Die Feinarbeit – wie das Einsetzen von Steinen und Gravuren – wird natürlich von Fachleuten erledigt. „Wichtig ist die eingehende Farbberatung im Vorfeld, viele Kunden wissen gar nicht, dass es zum Beispiel ganz verschiedene Gelbgoldtöne gibt.“ Das Thema Trauringkurs werde von Monat zu Monat beliebter, maximal nehmen Janine Arnold und ihre beiden Mitarbeiterinnen jedoch nur sechs bis acht Paare pro Monat an. „Eine wunderbare Gelegenheit, um vor der Hochzeit noch einmal gemeinsam zu entschleunigen“, so die Schmuckdesignerin. Sie muss es wissen, heiratet sie doch selbst im September und hat schon gemeinsam mit ihrem Zukünftigen im Atelier Platz genommen. „Den eigenen Ehering zu schmieden bringt nämlich Unglück.“