Wer hat nicht schon mal davon geträumt, einen Hubschrauber selbst zu fliegen. Das ist zwar nicht billig, aber einfacher als man denkt. Und man kann es sich ja schenken lassen. Das Abendblatt hat einen Schnupperflug von Fuhlsbüttel über die Stadt in die Nordheide begleitet.

Flap-flap-flap-flap – dieses Geräusch wird zügig schneller und zu einem gleichmäßigen Brummen über unseren Köpfen. Die beiden fünf Meter langen Rotorblätter des Hubschraubers kreisen mit 500 Umdrehungen pro Minute und lassen die auf dem Rollfeld stehende Robinson R 44 vibrieren. Gerade mal neun Meter lang, gleicht der schmale Heli einer schwarzen XXL-Libelle. „So, jetzt unbedingt die Füße auf den Pedalen lassen“, sagt Martina Schenkluhn, die Profi-Pilotin zur Premieren-Pilotin Margareta Meier und erklärt warum: „Die Pedale stabilisieren den Hubschrauber – ohne sie dreht er sich unterm Rotor um seine eigene Achse.“ Jedenfalls, sobald er abgehoben ist.

Gleich ist es soweit, fernab der großen Maschinen auf dem Hamburger Flughafen. Während die viersitzige Robinson R44 auf dem Rollfeld stehend so richtig auf Touren kommt, checkt Martina Schenkluhn mit Blick auf neun kreisrunden Anzeigen und acht orangefarbene Kontrollleuchten im Armaturenbrett Öldruck sowie Rotorleistung und fragt bei Margareta Meier noch mal ab, ob sie die vorhin während der halbstündigen Einweisung erklärten Funktionen von „Pitch“ und „Stick“ noch parat hat. Der „Pitch“, ein handbremsenartiger Hebel neben dem Sitz, ist sozusagen das Gaspedal des Hubis, gesteuert wird er per Stick, einer T-förmigen Stange zwischen Pilot und Co-Pilot. „Ja, Sie lenken den Heli gleich ganz allein“, versichert die 35-jährige Pilotin der noch etwas ungläubig schauenden Schnupper-Fliegerin.

Funkverkehr mit dem Tower

Kopfhörer auf die Ohren, spätestens jetzt fühlen sich alle, auch die beiden mitfliegenden Gäste auf den Cockpit-Rücksitzen, wie richtige Piloten: Funkverkehr mit dem Tower, „roger, over, delta, charlie“ – in den Ohrmuscheln läuft der Soundtrack der großen, weiten Flughafenwelt. Auch wenn’s im Hubschrauber nicht nach London geht, sondern nur in die Lüneburger Heide. Dort, auf dem Hof Sudermühlen, nehmen die Besitzer des Hotel-Restaurants gern ihre Pferde von der Wiese, damit der Heli landen kann.

Nanu, wir schweben plötzlich! Nach der Freigabe vom Hamburger Tower zieht Martina Schenkluhn den Hubschrauber mit kaum merklichen Handbewegungen hoch und überlässt Margareta Meier sofort das Steuer – unter einer Bedingung: „Stellen Sie sich vor, Sie haben jetzt Pattex an den Händen, die kleben am Stick, den dürfen Sie niemals loslassen!“ Erstes Ziel: Hamburgs Fernsehturm. Am blauen Himmel ragt er aus der City auf wie eine riesige Nadel mit einem Teller in der Mitte. Margareta Meier soll darauf zuhalten und ihn dann links liegen lassen. Sie merkt sofort: Die Robinson R44 reagiert auf kleinste Bewegungen an Stick und Pitch. „Darum sind alle Möchtegern-Piloten im Vorteil, die im Beruf feingetunte Bewegungen ausführen“, sagt Martina Schenkluhn, „Grafiker mit der PC-Maus etwa, Zahnärzte am Bohrer und Sie natürlich“, lobt sie die Premieren-Pilotin. Spricht’s und schiebt noch schnell die Anekdote von einem Grobmotoriker hinterher, der erstens den Stick rührte wie einen Kochlöffel und sich dabei zweitens mit der Pilotin eine Art Fingerhakeln über die Führungsrolle am Steuerknüppel lieferte.

Mit dem Heli über die Alster

In 2000 Fuß, also etwa 600 Meter Höhe brummt der Heli über die Alster mit der Sprudelfontäne hinweg, dreht eine Kurve über dem Hafen und seinem Millionengrab, der Elbphilharmonie-Baustelle, hin zur geschwungenen Köhlbrandbrücke inmitten von bunten Riesen-Öltanks und einem Container-Lager im Mittelstadt-Format. Klar, gesehen hat man das alles schon oft, im Anflug mit einem Passagierjet auf den Flughafen, aber immer nur durch ein Bullaugenfenster im Zack-und-weg-Modus.

Der Hubi-Pilot für eine Stunde hingegen kann es genießen, sein Mitflieger einmalige Fotos schießen – dank großzügig verglastem Panorama-Cockpit und einem vergleichsweise zeitlupenartigen Flugtempo von 180 km/h. „Nicht zu hoch steigen“, sagt Martina Schenkluhn“ und korrigiert die Höhe etwas mit sanftem Griff am Pitch: „Ab 2500 Fuß beginnt die Flugzone Charlie, die ist großen Maschinen vorbehalten – wenn wir reinfliegen, kostet das 6000 Euro Strafe!“

Nächstes Ziel ist die A7

Nächste Orientierungsmarke für Frau Meier ist nun die Autobahn 7. Sie schlängelt sich südwärts durch eine Landschaft, die aussieht, als habe hier ein Riese beim Durchwandern seine Patchworkdecke verloren: dunkelgrüne Waldflecken, beige Getreidefelder, braune Äcker und hellgrüne Wiesen liegen da wie aneinandergenäht. Von dort fällt der Blick kurz in die Sitztasche des Helis: Aha, Papiertüten gibt’s hier also auch. „Ja, sagt Martina Schenkluhn, seit einem Hobby-Flieger mal schlecht wurde – er konnte gerade noch rechtzeitig meine Landkarte schiffchenförmig falten und das Malheur darin auffangen, sonst hätte ich nach dem Flug wischen müssen…“ Trotzdem, so eine Zweckentfremdung der Karte kann Orientierungsprobleme auslösen, denn jetzt muss die Pilotin immer wieder Karte und Wiesen unter uns abgleichen, um die richtige Koppel für die Landung des Hubschraubers am Hof Sudermühlen zu finden, wo ein Mittagstisch reserviert ist.

Mehrfach lässt Martina Schenkluhn ihre Co-Pilotin Kreise fliegen über den roten Dächern der umliegenden Bauernhöfe. Dabei liegen Hubschrauber und Insassen in der Kurve wie ein Motorrad mitsamt Fahrer und Beifahrer. „Da, die Wiese ist es“, sagt die Pilotin und übernimmt nun Pedale, Pitch und Stick wieder selbst – starten und landen dürfen nur ausgebildete Flieger. Dennoch, nach dem Aussteigen wird nicht Martina Schenkluhn, sondern Margareta Meier angesprochen – von einem kleinen Jungen: „Warum bist du geflogen?“, will er wissen. Die Schnupperpilotin lächelt: „Hab ich geschenkt bekommen.“ Ungläubig reißt der Junge die Augen auf: „Boah – der tolle Hubschrauber gehört dir…?“

Weitere Informationen:

Hubschrauberflüge zum Selberfliegen gibt es unter anderem auf den Flugplätzen Heist (Schleswig-Holstein) und Rotenburg/Wümme (Niedersachsen). Umfang und Dauer variieren je nach Anbieter. Mehr Infos unter www.helikopterselberfliegen.net.

Der beschriebene Flug mit Landung, Aufenthalt und Rückflug von und nach Hamburg wird angeboten von HeliTrans in Hamburg und kostet 890 Euro. Enthalten sind Spritkosten, Start- und Landegebühren, Platz für zwei Mitflieger zusätzlich zum Schnupper-Piloten, etwa 60 Minuten „Selbstflugzeit“ sowie eine 30-minütige Einweisung in den Hubschrauber und seine Instrumente. www.helitranshamburg.com