Einst musste sie einer Badeanstalt weichen, nun ist die Fachwerkvilla nahe der Promenade ein Geheimtipp.

Travemünde. Das vielleicht schönste Geheimnis von Travemünde liegt in einer ruhigen Anwohnerstraße hinter dem Kurpark und hört auf den Namen Landhaus Bode. Bis vor Kurzem war dies ein kleines Restaurant, seit einiger Zeit ist es nun auch Hotel. Ein sehr persönliches Privathotel mit Charme in einer Villa, die wohl seit kurz nach 1900 hier steht und die 1907 erstmals urkundlich erwähnt wird.

Davor stand sie ein Stück weiter, dichter an der Ostsee, und damit ist diese Immobilie eigentlich eher eine "Mobilie": Um 1900 herum musste das Haus der Seebadeanstalt Travemünde weichen und wurde abgetragen. Die Balken des soliden und bereits fertig zugeschnittenen Fachwerks wurden wieder benutzt, um das gleiche Haus an der neuen Stelle, wo es heute steht, wieder aufzubauen. Hier, in der Fehlingstraße 67, wurde zunächst eine Milchwirtschaft mit Fuhrgeschäft und Zimmervermietung betrieben.

Die Wurzeln des Hotels reichen also weit zurück: In einem Heft der Travemünder Kurverwaltung für die Saison 1912 wirbt "Hilmer's Landhaus vis-à-vis Strandbahnhof" neben der Zimmervermietung auch für "gute Landauer zu günstigen Preisen und Reit-esel". Dazu gab es auch "zweimal täglich frische Milch von Kühen, die unter tierärztlicher Aufsicht stehen - als Kindermilch zu empfehlen".

Später wurden die Viehställe zu Garagen und der Milchausschank zur "Gastwirtschaft mit Bierrestaurant", 1945 wandelte sich das Restaurant vorübergehend zur britischen Militärunterkunft mit Lazarett. In den Fünfzigerjahren jedoch wurde das Restaurant wieder eröffnet und schon bald zum beliebten Treffpunkt für Nachtschwärmer und die Travemünder Croupiers und Kellner, die dort nach ihrem Feierabend, also in den frühen Morgenstunden, einfielen. Auf dem Hinterhof wurde derweil gewerkelt und repariert - der in Travemünde legendäre "Auto-Lucky" schraubte hier und soll sogar den alten Studebaker von Hildegard Knef wieder zum Leben erweckt haben.

Nach solchen und anderen amüsanten Episoden ging es mit dem Haus allerdings allmählich bergab. Das änderte sich jedoch, als der Hamburger Unternehmer Horst Bode es kaufte. Nach und nach wurde es renoviert und saniert - alte Balken freigelegt, die Holzfußböden geschliffen, schließlich mit antikem Mobiliar eingerichtet.

Seit Sommer dieses Jahres nun hat der Gastronom Thomas Bertholdt das Landhaus Bode gepachtet und damit neben dem Restaurant auch den kleinen Hotelbetrieb mit neun Doppel- und zwei Einzelzimmern wieder aufgenommen. Ab November wird noch eine dann frisch renovierte Familiensuite zur Verfügung stehen. Die Zimmer, stilvoll eingerichtet wie das ganze Haus, haben alle Annehmlichkeiten. Vier Leihfahrräder stehen den Gästen des Hauses kostenlos zur Verfügung, zum Strand kommt man zu Fuß in wenigen Minuten.

Es ist die Intimität dieses kleinen Hotels, verbunden mit einem entsprechend persönlichen Service, die vor allem begeistert. Auch im Restaurant mit der hervorragenden Küche von Thomas Bertholdt, der zuvor einige Jahre lang das "Flic Flac" in Blankenese und danach neun Jahre lang das "Hotel Stadt Hamburg" in Heiligenhafen geleitet hat, beides zu seiner Zeit gute Adressen für anspruchsvolle Genießer.

So ist die Küche im Landhaus Bode frisch, leicht und kreativ. Und das Restaurant bleibt ein Insidertipp, denn die Laufkundschaft von der Promenade verirrt sich kaum hierher. Bertholdt hat hinter dem Haus längst seinen eigenen Obst-, Gemüse- und Kräutergarten eingerichtet, bald soll noch ein Gewächshaus dazukommen. Und es trifft sich gut, dass der Eigentümer Horst Bode im "Hauptberuf" die Firma Bode Naturkost betreibt - Bio-Lebensmittel, die natürlich auch in der Küche des Landhauses verwendet werden.

Ein typisches Überraschungsmenü - für zivile 28 Euro (drei Gänge) oder 34 Euro (vier Gänge) - begeistert beispielsweise mit laktiertem Rauchmakrelenfilet auf Seegrassalat mit Kürbis, Ravioli mit "Quitschwurst" auf Paprikamarmelade, kleinem Pannfisch auf Bratkartoffeln und Dijonsauce und einem Wildschweinrücken auf Birnen, Bohnen und Speck - alles delikat statt deftig und mit unübersehbaren Wurzeln in der norddeutschen Küche. Die Weinkarte dazu ist übersichtlich und dennoch gut bestückt; es findet sich für jeden Geschmack und jedes Menü die passende Flasche, wobei fast alle Weine auch offen im Ausschank sind.

Zu erwähnen bleibt noch das köstliche Frühstück, mit etlichen hausgemachten Marmeladen, verschiedenen Brot- und Müslisorten und anderen Leckereien. Damit wird einem der Abschied aus diesem Haus noch einmal erschwert, und natürlich nimmt man sich vor, bald wiederzukommen. Geöffnet hat das Landhaus Bode rund ums Jahr, auf der Website finden sich Arrangements für jede Jahreszeit. Bedenken sollte man jedoch unbedingt, dass das Restaurant am Montag seinen Ruhetag hat.