Kleine Fluchten: Das Wasserschloss Mellenthin wird Schritt für Schritt restauriert. Der weiße Marstall ist bereits ein Hotel

Das Wasserschloss in Mellenthin war mir schon bei meinem ersten Besuch kurz nach der Wende auf Usedom aufgefallen. "Da könnte man was draus machen" war mein Gedanke. Aber lange geschah nichts. Es gab wohl hinter den Kulissen einigen Streit über die Verwendung, wie man gerüchteweise hörte. Auch heute noch ist der Gast ein bisschen geschockt, wenn er das wuchtig wirkende Wasserschloss zum ersten Mal erblickt. An vielen Stellen bröckelt der Putz des grauen Gebäudes. "Wir haben das Schloss Schritt für Schritt restauriert, und mir war die Herrichtung im Innern zunächst wichtiger. Der Anstrich kostet sehr viel Geld, wird aber in nächster Zeit erfolgen", versichert Jan Fidora, der heutige Besitzer des imposanten Anwesens, das auf eine lange Geschichte zurückblickt.

Erbaut wurde es 1575-1580 im Stil der Hochrenaissance. Zum Schutz wurde es mit einem Wassergraben umgeben, noch heute führt eine beeindruckende Eichenallee zum Schloss, und die uralten Bäume wachsen nach wie vor im prächtigen Parkgelände, in dem man flanieren kann. Während der DDR-Zeit wurde es instandgesetzt und unterhalten. 2001 erwarb es die Familie Fidora. Zunächst erfolgt die Renovierung des Hauptgebäudes mit der Eröffnung von Café und Restaurant. 2006 erfolgt dann der Umbau des Westflügels zum Hotel, der heute in strahlendem Weiß erscheint. Ein Jahr später wird der Schlosshof wiederhergestellt, auf dem es sich an schönen Tagen in Strandkörben angenehm sitzen lässt.

Nun soll noch der Ausbau des Ostflügels zur Privatbrauerei stattfinden. Doch lässt die betriebliche Genehmigung noch auf sich warten, obwohl die bauliche Erlaubnis längst vorliegt. Jan Fidora hat das Brauen und Mälzen in seiner westfälischen Heimat erlernt, wo die Eltern einen Gasthof betrieben. Er finde es spannend, dass beim Bierbrauen der Fantasie keine Grenzen gesetzt seien, obwohl es nur aus Wasser, Hopfen und Malz besteht. Schon seit seinem 16. Lebensjahr träumt er davon, ein eigenes Gastbrauhaus zu besitzen. "Da ich aber in Westfalen keinen Ort zur Umsetzung meines Vorhabens fand, begann ich ab 1999 intensiv in dieser Gegend zu suchen", erzählt der Mittdreißiger. Die anstrengende Suche dauerte zwei Jahre, bis er einen Artikel in der Zeitung über den Verkauf des Wasserschlosses in Mellenthin las. Bedingung war, dass auch die Einheimischen zu jeder Zeit das Schloss besuchen können und das Preis-Leistungsverhältnis stimmen musste. Da kam der sympathische Bewerber mit seinem Konzept eines bürgerlichen Restaurants genau richtig, und so fiel die Entscheidung zu seinen Gunsten aus.

Nachmittags gibt es täglich eine große Auswahl an Torten nach den Rezepten von Mutter Maria. Vor allem die Kirschtorte mit Sahne und Rum ist besonders zu empfehlen. Schon aus diesem Grund ist das Restaurant mit den Gewölbedecken stets gut besucht, denn Touristen kehren hier auf Ausflügen in diesen Teil der Insel gerne ein und nutzen das reichhaltige Angebot zur Wegzehrung. Auch abends ist es gut frequentiert, besonders wenn es das beliebte Ritterbuffet gibt. Dann wird der Zeitgeist des Mittelalters mit seinen Essensgelagen stimmungsvoll wiederbelebt. Dazu tragen Gaukler auf mittelalterlichen Instrumenten ihre Bänkelgesänge vor. Abschließend bietet sich der hauseigene Sanddorn-, Holunder- oder Zitronenlikör als Digestif nach dem deftigen Mahl an.

Zum Bleiben stehen den Urlaubern 26 Doppelzimmer im ehemaligen Marstall zur Verfügung. Sie sind einheitlich im klassischen Landhausstil eingerichtet, aber leider etwas klein geraten. Dafür sind die marmorgefliesten Badezimmer von anständiger Größe und bieten allen modernen Komfort. In Bälde sollen im oberen Geschoss des Hauptgebäudes große Zimmer von 60 bis 80 Quadratmeter entstehen.

Und es gibt noch weitere Pläne. Der bereits vorhandene Saunabereich soll um ein Schwimmbad erweitert werden. "Um das Schloss als Ausflugsort zu etablieren, werden zusätzlich eine Kaffeerösterei und ein eigenes Museum entstehen", erklärt der Schlossherr seine Absicht. Dazu sollen auch einheimische Künstler ihre Waren anbieten können.

Noch heute begleiten sagenumwobene und geheimnisvolle Geschichten das Flair des Schlosses. So wird unter anderem von einem unterirdischen Gang erzählt, der zum Kloster Pudagla führen soll. Ein Ritter legte ihn an, um seine Liebste aus der Zucht der Klosterfrauen zu befreien. Die Mauern haben einiges zu erzählen, was der Gast erspüren kann.

Das beschauliche Dorf mit seinen 320 Einwohnern ist auf jeden Fall einen Besuch wert. Auch die Familie Fidora hat sich längst hier eingelebt und schätzt den hilfsbereiten Umgang miteinander. "Hier lebt es sich so schön, und der Zusammenhalt der Menschen ist viel sozialer und wärmer, als anderswo", schwärmt Jan Fidora. Und das spürt auch der Besucher.