Schloss Kartzow war einst Rittersitz, später Schnapsbrennerei. Heute ist es ein Hochzeitshotel mit zwölf Zimmern und Suiten

Es ist ein stiller Frühlingsmorgen auf Schloss Kartzow, nördlich von Potsdam. Im Dorf kräht ein Hahn, durchs Haus zieht der Duft von frischem Kaffee. Die Hochzeitssuite wird gerade gerichtet, der hochflorige Teppich gesaugt die Betten sind schneeweiß bezogen. Der Blick aus den Erkerfenstern kehrt immer wieder zurück zum wunderschönen Park. Groß und verschwiegen liegt er da, in sattem Grün, noch voll Tau. Bald brechen die Sonnenstrahlen durch, kriechen zwischen die Äste der Kastanienbäume und fallen auf die kleinen Blumeninseln aus Veilchen, Schlüsselblumen und Vergissmeinnicht.

"Ein schöner Tag zum Heiraten", sagt Schlossherrin Ina Sonntag in der Empfangshalle, wo sie, klein und zierlich, in einem der dunkelbraunen Wildledersessel versinkt. Der große Raum besticht durch riesige Deckenbalken und dunkle Holztäfelung. Auf dem schlichten, sehr modernen Tisch steht ein Rosenstrauß in zarten Farben, Weiß und Rosa, daneben eine Schale mit feinem Gebäck aus der eigenen Patisserie.

Vor sieben Jahren hat Ina Sonntag selbst in einem Brandenburger Schloss geheiratet. Das begeisterte die Oranienburgerin so sehr, dass sie ihren Mann Ralph von der Idee überzeugte, doch ebenfalls ein Schloss zu kaufen, ja daraus ein Hotel zu machen.

Nun tut man das nicht mal eben so. Aber wer die 48-Jährige erlebt, der spürt, dass diese Frau alles schafft, was sie sich vornimmt. Und Ina Sonntag sehnte sich nach einer Herausforderung. "Bevor ich dieses Haus fand, habe ich mir ganz viele Schlösser angesehen", erzählt sie, "als wir 2006 hier vorbeifuhren, sahen wir zuerst den Park, dann das marode Haus mit der großen Freitreppe. Wie ein Märchenschloss."

Erstmals erwähnt wurde der "Rittersitz Cartzow" 1608. Später wurde Carl Wolf Stielow Besitzer des Gutes, er ließ neben den Stallgebäuden ein herrschaftliches Wohnhaus errichten. Doch acht Jahre später zerstörte ein Großbrand fast das gesamte Dorf und große Teile des Herrenhauses. 1898 übernahm es der Berliner Spirituosenfabrikant Arthur Gilka. Das Havelland war geprägt vom Obstanbau, nun wurden auch Kartoffeln und Rüben für den Destillateur angebaut. Die Familie Gilka hatte bereits seit 1836 im Süden Berlins eine Brennerei, in der der Gilka-Kümmel produziert wurde, ein leicht gesüßter Kümmelbranntwein mit 38 Prozent, im Volksmund auch "der Kurze von Berlin" genannt. Heute stellt ihn die Firma J.A. Gilka KG in Nordrhein-Westfalen her - und "Gilka-Kümmel" gibt es natürlich auch wieder auf Schloss Kartzow, denn Gilka war es, der 1914 das repräsentierende Gutshaus bauen ließ, wie wir es heute, natürlich frisch saniert, vorfinden.

Ina Sonntag war nicht die einzige Interessentin für das schöne Anwesen, sie hatte noch vier Mitbewerber. Darum brauchte sie ein gutes Konzept für das seit zehn Jahren leer stehenden Haus, denn es galt, Land und der Denkmalschutz zu überzeugen. "Ich bin zur Denkmalbehörde gegangen, habe mir alte Fotos angesehen und wusste sofort, dass ich es originalgetreu wiederherstellen wollte", sagt sie. Der Fußboden war marode, der Putz blätterte von den Wänden, viele Balken mussten erneuert werden. Schritt für Schritt wurde alles saniert, vier Jahre lang. "Dazu gehört sehr viel Optimismus", sagt Ina Sonntag "aber es hat auch Spaß gemacht, die einzelnen Räume nach meinen Vorstellungen zu gestalten."

Das Haus besitzt eine Suite, zwei Juniorsuiten und neun Doppelzimmer. Jeder Raum ist anders, es überwiegen die Farben Weiß, Braun und Crème, modernes Design, hochwertige Stoffe, alles mit neuster Technik ausgestattet. Kurz: ein guter Vier-Sterne-Standard.

"Das ist nicht selbstverständlich", meint die Schlossherrin "aber mein größtes Kapital ist die Belegschaft, davon lebt dieses Haus." Die 22 Angestellten sind handverlesen, denn Freude an der Arbeit sei nicht erlernbar, behauptet Ina Sonntag.

Weil Schloss Kartzow so günstig liegt, 30 Minuten mit dem Auto bis Berlin-Charlottenburg oder nach Potsdam-Sanssouci, wurde es auch schnell entdeckt. Einige Prominente wie Günther Jauch, Jörg Schönbohm und der Oberbürgermeister von Potsdam, Jann Jakobs, waren schon da, wohl auch wegen der jungen regionalen Küche und der hauseigenen Patisserie.

"Doch nun wird es Zeit", meint Ina Sonntag, "wir haben noch jede Menge zu tun." Tische und Stühle werden in den Garten getragen, denn die heutige Hochzeit findet im Freien statt, 150 Gäste werden erwartet.